Die evangelische Kirche hat nach den Worten der Missbrauchsbetroffenen Nancy Janz bislang nicht ausreichend Konsequenzen aus den Missbrauchsfällen in ihren Reihen gezogen. Das Problem der sexualisierten Gewalt lasse sich „nicht mit Samaritertum oder einer Geldleistung lösen“, sagte die Sprecherin des Beteiligungsforums Sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Dienstag vor der westfälischen Landessynode in Bielefeld. Es gelte, Vertrauen aufzubauen. Das geschehe jedoch nicht „durch Verschiebung von Verantwortung, Verdrängen des Themas, Sprachlosigkeit und Ohnmachtsgebaren“. Hier gehe es um Haltung.
Die Bedürfnisse und Rechte der Betroffenen müssten in den Mittelpunkt gestellt werden, betonte Janz, die in einer Fachstelle der Bremischen Evangelischen Kirche zum Thema sexualisierte Gewalt tätig ist. Dazu gehöre, dass die Erfahrungen der Betroffenen ernst genommen und sie aktiv in die Aufarbeitung eingebunden werden. „Nur durch eine Beteiligung von Betroffenen können gewachsene Machtstrukturen und Verantwortungsdiffusion sichtbar und hörbar werden“, unterstrich sie.
Das sei jedoch nicht einfach, räumte sie ein. Die Wut der Betroffenen sei groß, weil „niemand hören wollte, niemand handeln wollte oder betroffene Personen schlicht keine zuständigen Menschen gefunden haben“. Sie selbst sei wütend, dass der Aufschrei nach der Anfang des Jahres veröffentlichten ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie ausgeblieben sei, sagte Janz. Machtgier sei immer noch vorherrschender als die Übernahme von Verantwortung. Sie sei wütend auf diejenigen, „die sich nicht solidarisieren mit uns Betroffenen“.
Sie freue sich zwar, dass sie als Vertreterin von Betroffenen zur westfälischen Landessynode eingeladen worden sei, sagte Janz vor dem Kirchenparlament. Sie werde jedoch „kein Feigenblatt der Betroffenenbeteiligung“ sein. Es bleibe zu fragen, wo andere betroffene Personen seien und wie sie in die Synoden eingebunden würden.
Janz forderte einen Kulturwandel, wie er bereits in der ForuM-Studie genannt worden sei. Nötig seien sowohl eine Sensibilisierung für sexualisierte Gewalt als auch Schulungen und Präventionsprogramme. Ein solcher Kulturwandel bedeute eine Veränderung, die Sicherheit, Respekt und Gerechtigkeit über institutionelle Interessen stelle.