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Missbrauchs-Gutachten für Bistum Würzburg wird vorgestellt

Anderthalb Stunden hat die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Würzburg (UKAM) für Dienstag (8. April) eingeplant: In dieser Zeit sollen die neue Missbrauchs-Studie für das Bistum und die daraus abgeleiteten Empfehlungen vorgestellt und danach gesammelt an den Würzburger Bischof Franz Jung übergeben werden. Gutachter ist der Wiesbadener Sachverständige und Rechtsanwalt Hendrik Schneider, der seit zweieinhalb Jahren Fälle und Akten aus der Zeit von 1949 bis 2019 genauer untersucht hat.

Das Missbrauchs-Gutachten hat mehrere Aufgaben: Zum einen soll es nach Vorgaben der UKAM „alle durch kirchliche Mitarbeiter in dieser Zeit begangenen Fälle des sexuellen Missbrauchs erfassen und aufklären“. Zum anderen soll es aber auch den „Umgang der Bistumsleitung mit Tätern und Betroffenen“ analysieren. Auf diese Weise sollen Strukturen identifiziert werden, die Missbrauch ermöglicht und Aufklärung behindert haben. Zudem soll das Gutachten auch eine Grundlage für die künftigen Präventionsmaßnahmen sein, also um neue Missbrauchstaten zu verhindern

Mit der Auftragsvergabe an den Wiesbadener Experten hatte die UKAM auch ein Hinweisgebersystem im Internet freigeschaltet. Darüber konnten seither anonymisiert „insbesondere bisher nicht entdeckte Missbrauchshandlungen“ von Betroffenen oder Zeitzeugen gemeldet werden. Die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen würden dabei „strikt gewahrt“, hieß es damals. Das Gutachten hatte Ende 2022 alleine die UKAM in Auftrag gegeben. Zuvor hatte sie mit dem Betroffenenbeirat gemeinsam die Zielsetzung des Gutachtens und die Fragestellungen definiert.

Bevor die Ergebnisse des Gutachtens am 8. April veröffentlicht werden, sollen die Betroffenen informiert werden, hieß es. Sie sollen in einem geschützten Rahmen Fragen stellen und Anmerkungen geben können. Der katholische Bischof Franz Jung wird zwar bei der öffentlichen Präsentation der Ergebnisse in Würzburg zugegen sein und das Gutachten in Empfang nehmen – äußern wird er sich erst eine Woche später, am 14. April. Nach Informationen des Evangelischen Pressedienstes (epd) sollen sich kirchliche Beschäftigte bis dahin nicht öffentlich zum Thema äußern.

Die UKAM besteht derzeit aus insgesamt acht Personen. Sie setzt sich aus Experten und Betroffenen zusammen. Vorsitzende ist die Würzburger Rechtsprofessorin Anja Amend-Traut, stellvertretender Vorsitzender ist Lars Müller-Mück, Richter am Oberlandesgericht Bamberg. Zur Kommission gehören auch Jörg Amrhein und Christine Göbel als Mitglieder des Betroffenenbeirats, die vormalige Würzburger Sozialreferentin und jetzige Bundestagsabgeordnete Hülya Düber, Rechtsanwalt Erik Ohlenschlager sowie die Jugendpsychiater Marcel Romanos und Andreas Warnke.

Wie viele Missbrauchsfälle und Täter es im Bistum Würzburg seit 1949 gegeben hat, ist bislang völlig unklar. Im Rahmen der bundesweiten MHG-Studie waren für das Bistum Würzburg die Personalakten von Priestern aus den Jahren 2000 bis 2015 untersucht worden. Im Bistum Würzburg fanden sich nach dieser Aktenlage 48 beschuldigte Diözesanpriester, elf Beschuldige Ordenspriester sowie zwei beschuldigte hauptberufliche Diakone. Ein beschuldigter Kleriker war namentlich nicht bekannt, weshalb er keiner Gruppe zugeordnet werden kann. (1162/04.04.2025)