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Warum Minischweine keine Haustiere sind

Minischweine werden in Deutschland immer beliebter, auch als Haustiere. Doch Tierschützer sehen diesen Trend mit Sorge – und kennen eine Alternative.

Auch wenn sie zahm sind: Als Haustiere taugen Minischweine gar nicht
Auch wenn sie zahm sind: Als Haustiere taugen Minischweine gar nichtImago / Eastnews

Als Spaßgeschenk oder als Haustier für Tierhaarallergiker: Minischweine erweichen viele Herzen. Sie gelten als gelehrig und sozialverträglich mit anderen Tieren. Auch das niedliche Aussehen von Ferkeln trägt dazu bei, dass Menschen sich in sie vergucken und ein Tier bei sich aufnehmen möchten. Dabei droht am Ende ein böses Erwachen.

“Das Minischwein ist ein tolles Tier, aber kein Haustier”, stellt Silke Arnold vom Verein “Schweinefreunde” klar. Seit zehn Jahren gebe es einen regelrechten Hype um das Borstenvieh. Viele wollten solch ein ungewöhnliches Tier – auch, um hip zu sein. Zugleich kursierten viele Falschinformationen über die Tiere, die mit “süßen Bildern” angepriesen würden.

Von wegen Minischwein: Tier wiegt bis zu 150 Kilo

So würden drei Wochen alte Ferkel von 1,5 Kilogramm mitunter als halbes Jahr alte Tiere angeboten, beobachtet Arnold. Ein Minischwein könne ausgewachsen aber bis zu 150 Kilogramm auf die Waage bringen – “und dann haben sie eine schwere Sau im Wohnzimmer stehen”.” Arnold kritisiert, dass es bei der Zucht von Minischweinen weder einen Dachverband, Rassestandards oder eine freiwillige Selbstkontrolle gebe.

Ohnehin gehören Schweine aus Tierschutzsicht nicht in die eigenen vier Wände. “Wer sich ein Minischwein in die Wohnung holt, kann sie in zwei Jahren grundrenovieren, weil es aus Frust die ganze Bude auseinandernimmt”, sagt die Expertin. Den Schweinefreunden um Silke Arnold ist es wichtig, dass ein Tier zusammen mit Artgenossen gehalten wird, um ein “Glücksschwein” sein zu können.

Minischweine sind süß, aber als Haustier völlig ungeeignet
Minischweine sind süß, aber als Haustier völlig ungeeignetImago / Eibner

Arnold, die Schweine aus fatalen Haltungsbedingungen auf ihrem “Lebenshof” im rheinland-pfälzischen Imsweiler aufnimmt, bekommt nach eigenen Worten jeden Tag “mindestens zwei Anfragen, ob wir einen Platz für ein Minischwein haben oder vermitteln können”. Anfangs seien die Tierhalter bei der Begründung noch relativ ehrlich gewesen – etwa Erziehungsprobleme beim pubertierenden Schwein. “Inzwischen werden wir aber meist angelogen.” Derzeit habe Arnold eine Warteliste mit rund 800 Schweinen, die von ihren Menschen abgegeben werden möchten. “So schlimm war es noch nie, und es wird täglich schlimmer”, sagt die Tierschützerin.

Minischweine sind intelligent und reinlich

Minischweine könnten selbst in Häusern mit Garten nicht tiergerecht gehalten werden, mahnt auch Nadia Wattad, Pressereferentin beim Deutschen Tierschutzbund. Die Bedürfnisse der Tiere seien zu hoch und vielfältig. Ohne Auslauf, Stall, Gruppenhaltung und Wühlmöglichkeiten könne man ihnen nicht gerecht werden; sonst drohe “Verwüstungsgefahr”.

“Als kleine Ferkel sind sie sehr süß, was ihre Haltung für viele Menschen besonders attraktiv macht”, erklärt Wattad. Über soziale Medien habe sich herumgesprochen, wie intelligent und auch reinlich die Tiere sind. “Es reichen ein paar Bilder von kleinen, süßen Ferkeln auf einer Couch – und schon ist der Trend geboren.” Mitunter überlegten sich auch Menschen mit Hunde- oder Katzenhaarallergie, ein Minischwein anzuschaffen. Andere reize der Gedanke, ein außergewöhnlicheres Haustier zu haben. Über den “zweifelhaften Trend” hat kürzlich auch das Magazin des Tierschutzbundes berichtet.

 

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Ein Minischwein lässt sich laut Wattad aber nicht so halten wie ein Hund. Die Tiere könnten beispielsweise nur sehr schlecht Treppen laufen. Ein weiterer Irrtum ist es, Ferkel als Kuscheltiere zu sehen. “Sie wehren sich durchaus dagegen, übermäßig liebkost, festgehalten oder hochgehoben zu werden – und das mit lautem Quicken und gegebenenfalls auch Zubeißen”, stellt die Expertin klar. Anders als bei Hunden und Katzen werden junge Schweine nicht von ihrer Mutter herumgetragen, so dass entsprechende menschlichen Zuwendungen bei ihnen instinktiv Unbehagen auslösen.

Selbst wer über ein Haus mit großem Grundstück verfügt: Minischweine haben dieselben Haltungsansprüche wie landwirtschaftlich gehaltene Schweine, betont Wattad. Damit unterliegen sie auch der Viehverkehrsordnung und dem Tierseuchengesetz: Im Fall von Schweinepest oder Schweinegrippe kann das Veterinäramt sogar die Tötung des borstigen Mitbewohners anordnen.

Zu Besuch auf einem “Begegnungshof”

Dennoch muss niemand auf den Kontakt mit Schweinen verzichten. Die “Stiftung Bündnis Mensch & Tier” setzt sich für ein respektvolles Miteinander aller Lebewesen ein. Tiere dürften nicht “als Objekt” missbraucht werden, betont Carola Otterstedt, Vorstand der Stiftung. Eine persönliche Begegnung mit einem Schwein könne man beispielsweise auf einem sogenannten Begegnungshof erleben.

Dort könnten tierliebe Menschen Schweine in einem artgemäß gestalteten Lebensraum treffen und sie bei ihrem ausgeprägten Sozialverhalten beobachten. Solch ein Besuch auf einem Begegnungshof sei für viele ein “echtes Highlight”, sagt Otterstedt. Denn dort könne man mit einem echten Glücksschwein auf Tuchfühlung gehen.