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Asyldebatte: Zurückweisungen werfen rechtliche Fragen auf

Kanzler Merz und Innenminister Dobrindt rechtfertigen die Zurückweisungen von Flüchtlingen an den Grenzen. Grüne und Linke verweisen auf rechtliche Widersprüche – und auf das EU-Recht.

An den deutschen Grenzen, wie hier an der saarländischen Grenze zu Frankreich, wird verstärkt kontrolliert
An den deutschen Grenzen, wie hier an der saarländischen Grenze zu Frankreich, wird verstärkt kontrolliertImago / Eibner

Die von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) erlaubten Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Grenzen werfen weiter Fragen auf. In der Regierungsbefragung im Bundestag forderten Abgeordnete von Grünen und Linken eine Erläuterung, wie der Widerspruch der Maßnahme zum europäischen Recht gerechtfertigt wird. Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) antworteten ausweichend. Bundeskanzler Friedrich Merz verteidigte derweil in einer Regierungserklärung den geplanten harten Kurs gegen die Einreise von Flüchtlingen.

Mehrfach fragten Oppositionsabgeordnete, wie genau die Rechtsgrundlage für die Zurückweisungen aussehe. Das EU-Recht habe Anwendungsvorrang, betonten die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat und die Linken-Politikerin Clara Bünger.

Asylpolitik: Deutsches Gesetz im Widerspruch zum Dublin-System

Laut dem Paragrafen 18 im deutschen Asylgesetz können Asylsuchende unter anderem dann zurückgewiesen werden, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat einreisen. Der Passus im deutschen Gesetz steht im Widerspruch zum europäischen Dublin-System, nachdem die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, bei Asylsuchenden zumindest zu prüfen, welcher Staat für das Verfahren zuständig ist.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat seine erste Regierungserklärung abgegeben
Bundeskanzler Friedrich Merz hat seine erste Regierungserklärung abgegebenImago / Photothek

Zum Widerspruch der Rechtsordnungen gab es in den vergangenen Tagen verschiedene Äußerungen innerhalb der Bundesregierung. Dobrindt hatte zunächst auf den Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verwiesen, der für EU-Mitgliedstaaten Ausnahmen von europäischen Regelungen „für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit“ vorsieht. Merz hatte danach allerdings erklärt, dass eine Notlage nicht gelte, die von Experten als Voraussetzung für die Anwendung des Artikels gesehen wird.

Am Mittwoch bekräftigte Merz in seiner Regierungserklärung, die Zurückweisungen seien kein „nationaler Alleingang“. Man verhalte sich „im Einklang mit europäischem Recht“. Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) hob hervor, dass die Erklärung einer Notlage für Dobrindts Vorgehen nicht gebraucht werde.

Migration: Merz will Integration “ermöglichen, aber auch einfordern”

Auch Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) unterstrich, dass man nicht gegen Europarecht verstoße. Auf den Widerspruch ging er jedoch nicht weiter ein. Auf erneute Nachfragen von Abgeordneten sagte er, die genaue Erklärung über das Vorgehen müsse vom Bundesinnenminister kommen.

Merz betonte, dass die „in weiten Teilen ungesteuerte Migration“ die Gesellschaft in den vergangenen Jahren überfordert habe. Die schwarz-rote Regierung werde Migration ordnen, „mit mehr Begrenzung, mehr Zurückweisungen, mehr Steuerung, mehr Rückführungen“, kündigte er an.

Integration werde die Bundesregierung „ermöglichen, aber auch einfordern“. „Wir werden es deshalb zur Priorität machen, dass die Menschen, die bei uns bleiben, schnellstmöglich in Arbeit kommen“, sagte der Kanzler. Er bekannte sich dazu, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei und bleibe.