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Menschenrechtspolitiker fordern Abschiebestopp für Jesiden

Zum ersten Jahrestag der Anerkennung des Völkermordes an den Jesiden im Irak durch den Bundestag werden erneut Forderungen nach einem Abschiebestopp laut. „Die drohende Abschiebung von Irakern aus Deutschland, die der jesidischen Gemeinschaft oder anderen verfolgten Minderheiten im Irak angehören, ist falsch“, sagte die SPD-Menschenrechtspolitikerin Derya Türk-Nachbaur dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Berlin. Es müsse eine Bleiberechtsregelung geschaffen werden, besonders für sehr gut integrierte Jesiden. Auch von anderer Seite kamen Forderungen nach einem Bleiberecht.

Der Bundestag hatte die Verbrechen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) an den Jesiden 2014 im Irak am 19. Januar 2023 als Völkermord anerkannt.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im vergangenen Jahr über fast 3.400 Aslyanträge irakischer Staatsangehöriger mit jesidischer Religionszugehörigkeit entschieden. Von den insgesamt 3.397 Anträgen seien 1.384 abgelehnt worden, heißt es in der Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage aus dem Bundestag, die dem epd vorliegt. In 1.274 Fällen sei eine Anerkennung als Flüchtling erteilt, in fünf Fällen eine Asylberechtigung anerkannt worden. In weiteren Fällen wurden demnach unter anderem Abschiebeverbote ausgesprochen. In 80 Fällen sei ein Schutzstatus widerrufen worden.

Türk-Nachbaur sagte, ein sofortiger Abschiebestopp könnte weiteres Leid verhindern. Ein solcher Beschluss müsste jedoch von der Innenministerkonferenz der Länder (IMK) gefasst werden. Das Bundesinnenministerium habe keine Befugnis dafür. Sie fordere die Bundesländer auf, einen guten Vorschlag für die nächste Innenministerkonferenz vorzulegen.

Die Frühjahrskonferenz der IMK tagt vom 19. bis 21. Juni. Den IMK-Vorsitz hat in diesem Jahr Brandenburg. Nordrhein-Westfalen hatte im Dezember, Thüringen im Januar einen mehrmonatigen Abschiebestopp für jesidische Frauen und Minderjährige beschlossen.

Aus dem brandenburgischen Innenministerium hieß es, bislang lägen keine IMK-Anmeldungen zum Thema vor. Entscheidungen über zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote seien Sache des Bundesamtes, sagte ein Ministeriumssprecher dem epd. Eine Notwendigkeit für einen Abschiebungsstopp werde aus Brandenburger Perspektive momentan nicht gesehen.

Der Sprecher betonte, der Irak gehöre zu den Staaten, die bei Abschiebungen grundsätzlich nicht kooperieren. Die für eine Rückführung erforderlichen Passersatzpapiere seien bisher nur für in Deutschland rechtskräftig verurteilte Straftäter und für Personen ausgestellt worden, die zur freiwilligen Ausreise bereit waren. Sollte ein Abschiebungsstopp erwogen werden, müssten Ausnahmen für Straftäter und Gefährder genau definiert werden.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger kritisierte, dass viele jesidische Flüchtlinge in Deutschland keinen offiziellen Schutzstatus bekommen, sei „lebensgefährlich für alle, die zurück in den Irak müssen“. Die Bundesregierung müsse sich für eine Bleiberechtsregelung einsetzen. Bünger hatte die Anfrage an das Bundesinnenministerium gestellt.