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Memmingen eröffnet Jubiläum “500 Jahre Zwölf Artikel”

Zeitenwende, Revolution, Meilenstein: Die prominenten Gäste des Festakts zum Memminger Gedenkjahr „500 Jahre Zwölf Artikel“ haben bei der Eröffnung des Jubiläumsprogramms nicht mit Superlativen gespart. Als Festredner bezeichnete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Forderungen der Memminger Bauern von 1525 als „herausragendes Dokument deutscher Freiheitsgeschichte“. Schon damals hätten ihre Verfasser „die Idee eines unveräußerlichen“ Rechts auf Menschenwürde formuliert und eine politische Ordnung gefordert, „in der auch die Herrschenden das für alle geltende Recht beachten müssen“, sagte das Staatsoberhaupt am Samstag in der evangelischen Stadtkirche St. Martin.

Es sei deshalb „höchste Zeit“, die Memminger Freiheitskämpfer „auf die Landkarte unserer nationalen Erinnerung zu setzen“, erklärte Steinmeier: „Sie legten die ersten Körner jener Saat, aus der viel später unsere freiheitliche Demokratie wachsen sollte.“

Im Jahr 1525 erhob sich die Bauernschaft gegen Adel, Kirchenvertreter und andere Obrigkeiten. Ihre Forderungen basierte sie auf die „Zwölf Artikel“ von Memmingen, die von unbekannten Autoren geschrieben und kurz nach der Erfindung des Drucks schnell verbreitet wurden. Sie gelten heute neben der Magna Carta als früheste Forderung nach Freiheitsrechten. Der Aufstand wurde weitgehend blutig niedergeschlagen, bis zu 100.000 Menschen starben in Süd- und Mitteldeutschland.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte, dass Memmingen mit den „Zwölf Artikeln“ einen Meilenstein gesetzt und „Weltgeschichte geschrieben“ habe. Söder würdigte vor allem das ausgleichende Wirken des Memminger Stadtrats von 1525: „Es gab eine geistige Freiheit zur Diskussion, eine Bereitschaft zuzuhören, ohne gleich auszugrenzen.“ Die Fähigkeit zum Ausgleich werde heute, wo die „eigene Meinung das Maximum“ sei, häufig gering geschätzt. „Dabei ist der Kompromiss die Grundlage für alles“, erklärte der Ministerpräsident.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) warnte vor einem sorglosen Umgang mit demokratischen Errungenschaften. „Demokratie ist nicht immun, Rechtsstaats-Verächter gibt es auch bei uns“, sagte die Politikerin in einem Dialoggespräch während des Festakts. Freiheit sei eine Voraussetzung für Demokratie, deshalb müssten sich Demokratinnen und Demokraten „jeden Tag dafür einsetzen“.

Als Gastgeber der Festveranstaltung betonten die Memminger Dekane Christoph und Claudia Schieder, das Anliegen der Zwölf Artikel, „durch soziale Reformen für mehr gesellschaftliche Gerechtigkeit zu sorgen“, habe nichts von seiner Aktualität verloren. Dabei seien die Fragen nach Menschenwürde nicht nur Aufgabe der großen Politik, sondern müssten auch von jedem Einzelnen im Alltag beantwortet werden. Ziel des Jubiläumsjahrs und der Bayernausstellung sei es, „dass viele Menschen die Bedeutung der damaligen Freiheitsforderungen für sich persönlich neu entdecken.“