Die sommerliche Pause bei Schnupfen, Husten, Heiserkeit, scheint vielerorts in diesem Jahr auszubleiben – Corona inklusive. Impfen lassen sich indes seit vergangenem Herbst wenige.
“Nicht schon wieder.” Maria H. hat bereits fünf Covid-Infektionen durchgemacht. Die letzte im Mai dieses Jahres. Alle verliefen mit mehr oder weniger starken Erkältungssymptomen. “Das erste und dritte Mal gingen mit heftigen Symptomen wie starkem Husten, Schnupfen und allgemeinem Unwohlsein mit leichtem Fieber, ähnlich einer Grippe, einher”, erzählt die 42 Jährige. Die anderen Infektionen seien milder verlaufen.
“Beim ersten und dritten Mal war ich besorgt, weil ich nicht wusste, wie mein Körper mit dem Virus umgehen wird”, sagt Maria, die gerne anonym bleiben möchte. Da sie jedoch keine besonderen Auswirkungen beobachtet habe, habe sie auch keine Angst vor Long Covid. Sie gehe vergleichsweise gelassen in den kommenden Herbst und Winter hinein.
Geimpft sei sie drei Mal und habe damit die empfohlene Basisimmunität. Weitere Impfungen halte sie derzeit auch angesichts der fünf Infektionen nicht für nötig. Sie fühle sich gut geschützt. “Aber gerne würde ich wissen, ob die Forschung schon mehr weiß zu möglichen Auswirkungen und Folgen, die das Virus hinterlässt”, sagt die Marketing-Expertin.
Maria ist nicht die Einzige, die in diesem Sommer erneut mit Corona konfrontiert war. Die Sars-CoV-2-Infektionszahlen stiegen zuletzt, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus, wie aus Erhebungen des Robert Koch-Instituts hervorgeht. Auch im Abwasser wird der Erreger verstärkt nachgewiesen. Dennoch ist für mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung Corona kein Thema mehr.
Laut einer repräsentativen Yougov-Umfrage im Auftrag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), haben sich knapp 60 Prozent in den vergangenen drei Monaten nicht mehr mit Corona beschäftigt. Für den Rest, etwa 40 Prozent, war es in den vergangenen drei Monaten noch Thema aufgrund einer eigenen Erkrankung, einer Impfung oder infolge von Langzeitfolgen wie Long-Covid-Symptomen bei ihnen selbst oder einer bekannten Person.
Über alle Altersklassen hinweg sagen 39 Prozent der rund 2.000 befragten Erwachsenen, dass ihr Impfschutz den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) entspricht. Deutlich geringer ist der Impfschutz indes in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen. Hier sind nur 20 Prozent auf dem aktuellen Stand der Empfehlung. Rund jeder Vierte ist über alle Altersklassen hinweg nach eigenem Bekunden nicht ausreichend geimpft oder kennt die aktuellen Impfempfehlungen nicht – zusammen also mehr als die Hälfte.
Bei den 35- bis 44-Jährigen ist knapp ein Drittel nicht entsprechend der Empfehlung geimpft und ein Viertel ist sich unsicher oder kennt die Empfehlungen nicht. In der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen kennen 37 Prozent die Empfehlungen nicht oder sie sind sich hierzu nicht sicher.
Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine Basisimmunisierung gegen Sars-Cov-2 mit drei Impfungen für alle Menschen ab 18 Jahren – also auch alle, die in den vergangenen drei Jahren 18 geworden sind. Rund 90 Prozent der Bundesbürger ab 60 Jahren sind laut Robert Koch-Institut mindestens zwei Mal geimpft. Die Gruppe der 60-Jährigen und Älteren ohne Sars-CoV-2 Infektion im jeweiligen Jahr sollte sich aber nach Empfehlung der Experten derzeit jährlich vorzugsweise im Herbst impfen lassen. Das gilt auch für Menschen mit Vorerkrankungen, die ein Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bedeuten.
In der ersten Impfsaison seit Ende der Corona-Schutzmaßnahmen im Frühjahr 2023 ist die Impfquote bislang gering. Aus den aktuellen Erhebungen geht hervor, dass seit Mitte September 2023 maximal 15 Prozent der Über-60-Jährigen ihre Corona-Schutzimpfung aufgefrischt haben, theoretisch können unter den 15 Prozent auch noch Impfungen im Rahmen der Grundimmunisierung sein. In der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen liegt die Impfquote in der Saison bei nur 1,5 Prozent.
Es sei immer eine individuelle Entscheidung zwischen Arzt und Patient, ob geimpft werde, sagt der Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Markus Beier, zu den aktuellen Zahlen. Die Empfehlungen der Stiko dienten dabei als Richtschnur. Im Regelfall werde die Covid-19-Auffrischimpfung wie auch die Impfung gegen die Grippe im Herbst verabreicht, daher sei es nachvollziehbar, dass in den Sommermonaten die Impfquote geringer sei.
Dennoch wünscht sich der Verband Erleichterungen beim Impfprozess. So brauche es endlich Einzeldosen statt wie bisher Glasfläschchen, sogenannte Vials, mit Impfstoff für sechs Personen. “Ansonsten werden unsere Praxen weiterhin gezwungen sein, für Covid-19-Impfungen zeitgleich sechs Impflinge zu finden, um nicht einen großen Anteil der 6er-Vials wegen der kurzen Haltbarkeit nach Anbruch wegwerfen zu müssen”, beklagt Beier. Und er wünsche sich einen Kombi-Impfstoff gegen Grippe und Corona. Solche werden Experten zufolge bereits erfolgreich klinisch getestet. Das könne, so Beier, für die kommenden Jahre Patient und Praxis entlasten.