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Mediziner sieht Geburtshilfe unter Druck – Mehr Schutz für Babys

Beim Schutz von Neugeborenen ist Deutschland medizinisch nur Mittelmaß: Das kritisiert ein Geburtsmediziner. In der politischen Planung würden die Jüngsten vernachlässigt. Er mahnt eine faire Versorgung an.

Die Geburtsmedizin zukunftssicher machen – das sieht der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin als vordringliche Aufgabe der Gesundheitspolitik an. Neugeborene könnten ihr Recht nicht einfordern: “Ihnen fehlt eine Lobby, die ihren Interessen Gehör verschafft”, schreibt Mario Rüdiger in einem Gastbeitrag in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Mittwoch). Insgesamt würden Kinder “viel zu oft” vergessen – “zugunsten von relevanten Wählergruppen”.

Verglichen mit anderen Ländern liege die Sterblichkeit von Neugeborenen in Deutschland im Mittelmaß. “Es scheint, als wenn die Voraussetzungen für eine sichere Geburt bei uns nicht die besten sind”, so der Dresdner Mediziner. Zudem stellten die sinkenden Geburtenzahlen die Geburtskliniken “vor ökonomische Herausforderungen und machen es für den medizinischen Nachwuchs schwieriger, die notwendige Expertise zu erlangen”. Insofern brauche es jetzt ein Umdenken und neue Versorgungsstrukturen.

Themen wie der Personalmangel in der Altenpflege oder neue Therapieoptionen bei Tumorerkrankungen bekämen deutlich mehr Aufmerksamkeit, kritisiert Rüdiger. “Auch die Aufarbeitung der Pandemie zeigt, dass die Interessen der künftigen Generation wenig Berücksichtigung fanden und Kinder zugunsten der Alten in der Gesellschaft zurückstecken mussten.” Auch Frühchen oder Neugeborene, die etwa während der Geburt zu wenig Sauerstoff bekämen, hätten jedoch einen Anspruch auf eine adäquate Versorgung.

Konzepte und Erfahrungen aus anderen Ländern stünden bereit, betont der Experte. Die Entscheidungen der heutigen Gesundheitspolitik müssten sich messen lassen an “dem künftigen Frühgeborenen, welches nicht in einem hoch spezialisierten Zentrum versorgt wurde, oder dem kranken Neugeborenen, das lange auf die Versorgung durch einen Kinderarzt warten musste”.