Für den Erlanger Medienethiker und Vorsitzenden der Internationalen Bonhoeffer-Gesellschaft, Florian Höhne, ist der Kinofilm über Dietrich Bonhoeffer historisch unzureichend. Die Hinrichtung des NS-Widerstandskämpfers im Film erinnere ihn sogar an die Kreuzigung Jesu, sagte Höhne in einem veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Bonhoeffer werde dort als Erlöser inszeniert. “Das ist auch theologisch problematisch”, so der Experte.
Zudem sei die historische Realität viel grausamer gewesen, sagte Höhne: “Dietrich Bonhoeffer ist damals im Konzentrationslager Flossenbürg unter Unrechtsbedingungen in einem kurzen Prozess zum Tod verurteilt und grausam hingerichtet worden.” Die Darstellung im Film, wo Bonhoeffer fast feierlich zum Galgen schreite, werde dem nicht gerecht.
Ethiker: Ein “Volk von Widerständlern” stimmt leider nicht
Bonhoeffers pazifistische Einstellung werde ebenfalls nicht deutlich genug, erklärte der evangelische Theologe: “Das mehr zu beleuchten, hätte ein anderes Licht darauf geworfen, wie er sich am Ende im Widerstand mit der Gewaltfrage auseinandersetzt – und wie spannungsvoll diese Frage ist.” Auch chronologisch stimmten im Film manche Szenen nicht, was letztlich eine falsche Vorstellung der damaligen Zeit mit sich bringe: “Die zeichnen das Bild ins kollektive Gedächtnis, wir Deutschen, wir Christen seien ein Volk oder eine Kirche von Widerständlern gegen Antisemitismus gewesen. Das waren wir leider nicht.”
Bonhoeffer-Film mit Schriftzug “Pastor. Agent. Attentäter”
Dass der Kinofilm vor allem in den USA von christlichen Nationalisten vereinnahmt worden sei, könne man dem Drehbuchautor und den Schauspielern nicht vorwerfen, sagte Höhne. Aber die historischen Umstände hätten differenzierter dargestellt werden müssen. Zudem kritisierte er die Art der Vermarktung des Films in den USA. Das dortige Filmplakat hatte Bonhoeffer mit einer Waffe in der Hand und dem Schriftzug “Pastor. Agent. Attentäter” gezeigt.
“Unsere Befürchtung als Bonhoeffer-Gesellschaft war damals, dass er von christlichen Nationalisten, von der ‘Make America Great Again’-Bewegung vereinnahmt werden kann”, so Höhne. Die Vermarktung in Deutschland habe daher versucht, den Film gegen rechtsnationale Vereinnahmungen in Schutz zu nehmen. “Das ist in vielen Punkten auch gelungen. Und das ist gut so.”