Es ist wie in einem dieser Western, in denen der alternde Haudegen in die Stadt einreitet, ein paar Weggefährten aus längst vergangenen Tagen um sich schart und dann die Welt rettet. Der Haudegen ist Lionel „Leo“ Messi, siebenfacher Weltfußballer, bei seinem alten Verein Paris St. Germain allerdings kürzlich ausgemustert und mit 36 Jahren nach Branchenmaßstäben eigentlich im Rentenalter.
Was er jedoch derzeit in den USA anstellt, hat das Zeug zu einem Helden-Epos: Innerhalb von nur einem Monat führte Messi seinen neuen Club Inter Miami, Tabellenletzter der Major League Soccer (vergleichbar mit der Bundesliga), zum Pokaltitel.

Sieben Spiele, sieben Triumphe, der erste Titelgewinn für ein notorisches Verlierer-Team. Und ein Ende der Erfolgsgeschichte ist nicht abzusehen. Fans, Gegner, aber auch bislang vom Fußball völlig Unberührte kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie wähnen sich im Märchen. Oder in einer Heiligengeschichte – nicht zuletzt, weil Messi selbst immer wieder seine Erfolge auf Gott und Gebet zurückführt.
Und schon stellt sich die Frage: Darf man das? Darf man Gott für seine Zwecke so einspannen?
Ein Dankgebet nach jedem Tor
Lionel Messi ist Argentinier, meist ausgezeichneter Fußballer der Geschichte, spätestens seit dem Gewinn der Fußball-WM im Dezember Identifikationsfigur für Millionen spanisch sprechender Menschen weltweit. Und nun erobert „La Pulga“, der Floh, so der Spitzname Messis, auch die USA. Das Land, in dem Herren-Fußball als ernst zu nehmende Sportart gefühlt bislang irgendwo zwischen Topfschlagen und Wassergymnastik stand. „Messi ist der Messias“, der Erlöser. Dieses Wortspiel beherrscht derzeit die Schlagzeilen in Amerika. Und immer ist Gott dabei an seiner Seite: Der Ausnahmekönner trägt den dornengekrönten Jesus als riesiges Tattoo auf dem rechten Oberarm, dazu einen Rosenkranz. Nach jedem Tor streckt er die Hände zum Himmel, spricht ein kurzes Dankgebet. Sein Talent, seine Erfolge, das alles verdanke er Gott, betont Messi wieder und wieder.
Hierzulande mag diese Verbindung von Himmel und Erde fast wie Gotteslästerung klingen. In anderen Teilen dieser Erde dagegen ist sie völlig normal. Katholische Volksfrömmigkeit (wie bei Messi), Pfingstkirchen vor allem des globalen Südens, aber auch evangelikale Strömungen in den USA – sie alle kennen wie selbstverständlich die alltägliche Bitte um Gesundheit, Wohlstand und Erfolg.
Bitte um Hilfe und Bewahrung
Man mag damit Probleme haben. Was etwa, wenn beim Sport zwei gläubige Kontrahenten aufeinandertreffen, die beide inbrünstig für den Sieg beten? Gewinnt dann, wer am längsten, am besten oder am lautesten gebetet hat? Und was ist, wenn der Ausbildungsplatz, um den ich so sehr gefleht habe, dann doch nicht an meine Tochter geht, sondern an jemand anderen?
Und doch ist die Bitte um Hilfe und Bewahrung uns ja auch nicht gänzlich fremd. Ob in der Fürbitte für andere oder im Stoßgebet für sich selbst – wenn es eng wird im Leben, hat der Seufzer „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir“ dann doch wieder seinen Platz im Glaubensleben. Ob Gott den Hilferuf erhören wird? Die Bitte für die kranke Freundin? Für die Menschen auf dem Mittelmeer? In den Trümmern ukrainischer Städte? Wir wissen es nicht.
Im Vertrauen auf Gott das Unmögliche schaffen
Und trotzdem bitten wir, hoffen, flehen. Und wir danken. Danke, für diesen guten Morgen, heißt es in einem bekannten Lied; danke, für Freunde, Arbeitsstelle und Musik. Und zu Erntedank singt die Gemeinde: Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn; drum dankt und hofft auf ihn. Und wenn es nicht klappt? Dann klagen wir Gott unser Leid und trauern mit ihm.
Auch ein Lionel Messi kann nicht auf ewig siegen. Bald steht die eigentliche Bewährungsprobe an für ihn und sein Team: die nordamerikanische Meisterschaft. Alle verbleibenden Spiele müsste Messis Mannschaft gewinnen, um darauf noch eine Chance zu haben.
Die Fachleute sind sich einig: Das ist im Grunde unmöglich. Selbst für einen, den sie Messias nennen.