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Lichtkunst, die innehalten lässt

„und .. Licht“ ist der Titel einer besonderen Ausstellung, die nach dem Auftakt im Saarland in mehreren Kirchen in Nordrhein-Westfalen zu sehen ist. Durch die Ausstellungsorte vermitteln die Objekte und Installationen Bezüge zum christlichen Glauben.

„Nanu, wird hier renoviert?“, mag sich der unbedarfte Besucher fragen, wenn er derzeit die Johanneskirche in Saarbrücken betritt. Denn im Eingang zu dem neugotischen Gotteshaus empfängt ihn ein Baugerüst. Doch an den Metallstützen sind kreuz und quer blaue Leuchtstoffröhren befestigt und von Bauarbeitern ist keine Spur zu sehen.
„Shine on…“ – Leuchte weiter…“ – nennt Christoph Dahlhausen seine Installation. Der gebürtige Rheinländer, der in Bonn und im australischen Melbourne lebt und arbeitet, ist einer von fünf renommierten Künstlern und Künstlerduos, die auf Einladung der Evangelischen Kirche im Rheinland aktuelle Arbeiten rund um das Thema Licht in der Kirche präsentieren. Nicht nur in der Saarbrücker Johanneskirche, wo sie noch bis zum 17. März zu sehen ist. Denn von dort wird die als Wanderausstellung konzipierte Schau in sechs andere Städte weiterziehen (siehe Kasten).

Gemeinsame Schnittstelle von Kirche und Kunst

Nicht zufällig lässt ihr Titel „und … Licht“ an das Bibelwort „Und es ward Licht“ in der Genesis denken. Für den Glauben sei das Licht mit all seiner Symbolik etwas grundlegend Wichtiges, sagt Volker König, für Kultur zuständiger Dezernent beim Landeskirchenamt in Düsseldorf. „Es gibt gar kein Leben ohne Licht, auch keinen Verkündigungsauftrag und keinen Glauben und damit auch keine Kirche ohne Licht“, so der Kirchenrat.

Aber auch die Kunst könne nicht ohne Licht existieren, sieht Kurator Holger Hagedorn in dem Thema eine gemeinsame Schnittstelle. Bei den Exponaten, die er in Absprache mit einem kirchlichen Beirat für die Ausstellung ausgesucht hat, handelt es sich nicht um religiöse Kunst. „Es sind allesamt autonome, konkrete Kunstwerke“, betont Hagedorn. Doch durch das Zusammenspiel mit den sakralen Räumen, in denen sie nun zu sehen sind, nehme man sie anders wahr und stelle Bezüge zum christlichen Glauben her, ist er sicher.

In der Tat zeigt sich das etwa an dem Wandobjekt „2+1“, einer von vier gezeigten Arbeiten des Kölner Künstlerduos molitor & kuzmin. Es besteht aus zwei rohen Schalbetonplatten, in die drei beleuchtete bullaugenförmige Öffnungen eingearbeitet sind. Im Kirchenraum wecken sie Assoziationen an die Dreieinigkeit von Gottvater, Sohn und Heiliger Geist, die hier allerdings einen Bruch erfährt. Wer von dreien sich hier abtrennt und warum, kann man sich fragen.

In einer weiteren Arbeit des Duos, einer Stele mit einer kleinen Sandkiste darauf, kann der Besucher selbst – wie Moses in der Wüste – Zeichen in den Sand schreiben und so ein Licht darunter zum Vorschein bringen. Das Lichtobjekt „Welle“ der beiden Kunstschaffenden hingegen  lädt zum Innehalten ein: Eine Neonröhre in Form einer Endloswelle erleuchtet jeweils eine Zinkplatte wie einen Nachthimmel leicht bläulich und lässt die Lichtquelle, obgleich aus Glas, fast immateriell wirken.
Genau entgegensetzt ist der Ansatz bei Diana Ramaekers‘ Arbeit „Spiritus Sanctus“. Die niederländische Künstlerin, die in Kerkrade lebt und arbeitet, gibt dem ungreifbaren, abstrakten „Heiligen Geist“ eine kristalline Gestalt: Wie flüssige Wasserlachen, die sich kräuseln, wirken  die drei Glasscheiben am Boden und schimmern je nach Lichteinfall irisierend.

Haben fast alle Arbeiten der Ausstellung einen meditativen Charakter, so gilt das für die des Dortmunder Künstlerduos (Siegfried) Krüger & (Simone) Prothmann ganz besonders. Ihre Videoprojektion wirft  geheimnisvolle Lichtstrahlen, die beständig ihre Form wechseln, an die Kirchendecke. Mal erinnert es an Ultraschallaufnahmen, mal an Botschaften aus der Galaxis und bald schon an gar nichts mehr, gerät man doch unwillkürlich in Versenkung.
Tatsächlich aber sind Aufnahmen aus der Natur die Grundlage ihres Videos „Falling Lights and Rising Shadows“. Die beiden haben Lichtreflexionen auf einer Wasserfläche gefilmt und die Sequenzen mit extremer Verlangsamung zu einer Endlosschleife komponiert, ist zu erfahren.

Der Faktor Zeit spielt auch bei der Betrachtung von „Aeon“ von Konstantinos Angelos Gavrias eine große Rolle. Er zeigt eine vermeintlich weiße Tafel, auf der man erst nach ein paar Minuten vage dunkle Nuancen erkennt, die zusammen ein fotografisches Selbstportrait des Unnaer Künstlers ergeben. Ein flüchtiges Antlitz vor weißer „Ewigkeit“, wie „Aeon“ sich übersetzen lässt.
Zeitgenössische Kunstwerke, die Tiefgang haben und den Betrachter zum Dialog herausfordern, wollte die rheinische Landeskirche mit „und … Licht“ bieten. Das ist gelungen.

Von Saarbrücken aus wandert die Ausstellung am 22. März als nächstes nach Trier in die Konstantin-Basilika. Im Grunde werde der Besucher dort eine andere Ausstellung sehen, erklärt Kurator Hagedorn. Denn jeder Kirchenraum habe einen ganz anderen Charakter, was auch die Aufstellung der Werke und ihre Wirkung beeinflussen werde.

Die weiteren Stationen der Wanderausstellung „und … Licht“: Trier, Konstantin-Basilika (22. März bis 12. Mai); Rheydt, Ernst-Christoffel-Haus (16. Mai bis 6. Juli); Troisdorf, Johanneskirche (1. Juli bis 25. August); Essen, Kunstraum Notkirche (28. August bis 2. Oktober); Krefeld, Friedenskirche (11. Oktober bis 17. November); Düsseldorf, Johanneskirche/Stadtkirche (20. November bis 22. Dezember) sowie Haus der Landeskirche (6. Januar bis 14. Februar 2020).

Weitere Informationen unter  www.kunst-ekir.de im Internet.