Die Zeichentrickfigur Peter Pan, Papst Franziskus oder die von Globalisierungskritikern formulierte Idee einer Steuer auf Finanzgeschäfte: Sie alle bringt Robin Hood unter seine lodengrüne Kappe. Längst ist der bemützte Bogenschütze, der mit seiner bunten Truppe, den „Merry Men“, die Wälder Mittelenglands unsicher machte, zu einer Chiffre für den Kampf gegen das Schlechte in der Welt geworden. Dabei startete seine Karriere wenig verheißungsvoll, wie die Potsdamer Mediävistin Judith Klinger in ihrem Buch „Robin Hood – auf der Suche nach einer Legende“ festhält.
Es ist unklar, ob es Robin Hood jemals gab
Gleich der erste nachweisbare Beleg lässt den stets jugendlich wirkenden Helden eher alt aussehen. „Ich kenne mein Vaterunser nicht so vollkommen wie es der Priester singt, aber ich kenne Verse von Robin Hood und Randolf, Graf von Chester“, lässt William Langland in seiner um 1360 abgefassten Erzählung „Piers Plowman“ eine seiner Figuren sagen. Die Botschaft dahinter: Wer volkssprachliche Dichtkunst anstelle von lateinischen Gebeten bevorzugt, „beschäftigt sich offenbar mit anrüchigen und wertlosen Geschichten“. Deutlich wird daran aber auch: Robin Hood genoss offenbar bereits zu diesem Zeitpunkt eine gewisse Popularität.
Generationen von Forschern haben sich die Zähne an der Frage ausgebissen, ob es den legendären Waldschrat wirklich gab. Judith Klinger geht die Sache gelassen an. „Sich vorzustellen, dass es eine Person gab, die mit allem übereinstimmt, was im Spätmittelalter so über ihn erzählt wurde, das würde ich verneinen“, sagt sie. Sicher sei jedoch, dass sich der Volksmund für die Geschichten, die wohl ab 1450 in Balladen und der Verserzählung „A Gest of Robyn Hode“ gesammelt wurden, aus dem prallen Leben bediente.
Handfest ging es dabei zu. Da bekommen Gegner reihenweise einen auf den Schädel. Der Outlaw oder „Exlex“, wie es im Lateinischen heißt, begehrt mit Lust und derbem Humor gegen die herr-schende Ständegesellschaft auf, während er im Wald seine eigene Ordnung errichtet. Robin Hood und seine Spießgesellen führen ihren Zeitgenossen laut Klinger vor Augen, „dass man die Regeln außer Kraft setzen oder spielerisch mit ihnen umgehen kann“.
Das gemeine Volk ließ sich nicht lange bitten. Ab den 1420er Jahren breiteten sich sogenannte „Robin Hood“-Spiele aus, ein Mittelding aus Karneval, Kirmes und Schützenfest. Sie waren Bestandteil der Mai-Feste, mit denen um Pfingsten herum der Beginn des Sommers eingeläutet wurde. Manch einer schlug nach intensivem Biergenuss über die Stränge – auch damit Robins Vorbild folgend.
Dessen ungeachtet fanden sich Fans bis hinauf in höchste Kreise. Und der fröhliche Vogelfreie mu-tierte bald schon zum verstoßenen Edelmann mit edelmütiger Gesinnung.
Angeblich wurde er von seiner Cousine verraten
König Heinrich VIII. drang als Robin Hood verkleidet 1510 in die Gemächer seiner Frau Katharina ein. Ob die darüber erfreut war, sei dahingestellt. Die Ehe wurde in den 1530er Jahren für nichtig erklärt. Fünf weitere sollten folgen, zwei endeten mit der Hinrichtung der Gattin.
Auch für Robin Hood hält die literarische Vorsehung ein grausames Schicksal parat. Die Äbtissin des Klosters Kirklees verrät ihren Cousin und lässt ihn beim Aderlass verbluten. Ein letztes Mal spannt Robin den Bogen und sagt seinem treuen Kumpan Klein-John: „Achte auf die Stelle, wo der Pfeil stecken bleibt. Dort will ich begraben werden.“
Noch heute findet sich auf dem Gelände der ehemaligen Abtei eine Gedenkstätte, inzwischen reichlich in die Jahre gekommen. Der Mythos aber bleibt lebendig. Auch wenn es der Spezialistin Klinger manchmal zwischen Peter Pans Kostümen und der Robin-Hood-Steuer zu bunt wird. Dass Papst Franziskus mit seinem Einsatz für die Armen mit dem Freischärler verglichen wird, findet sie ein wenig überzogen. Gewisse Parallelen gebe es allerdings schon. Der Papst habe Humor und nehme sich selber und sein Amt bisweilen nicht gar so ernst.