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Langer Weg zur Freiheit

Gedenkstätten-Leiter: Auschwitz-Überlebende wurden häufig nicht verstanden

OSWIECIM – Zum Jahrestag der Befreiung des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz hat der Direktor der Gedenkstätte, Piotr Cywinski, an die lebenslangen Auswirkungen des Nazi-Terrors auf die Überlebenden erinnert. „Nachdem sie befreit waren, war der Weg zurück in die Freiheit lang“, sagte Cywinski bei der offiziellen Gedenkfeier auf dem Gelände des ehemaligen Lagers Auschwitz-Birkenau im polnischen Oswiecim. An den Feierlichkeiten zum 71. Jahrestag der Befreiung nahmen auch der polnische Staatspräsident Andrzej Duda sowie rund 80 Auschwitz-Überlebende teil. Unter den Gästen waren zudem die stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne) und eine Schülergruppe aus Essen.
„So wie unsere Vorstellung von dem Lager natürlich nur ein Schatten der Erlebnisse der Gefangenen ist, so ist unsere Vorstellung von der Freiheit nach dem Lager nur ein freundliches Missverständnis“, sagte Cywinski, der die Gedenkstätte seit 2006 leitet. Freiheit habe für die Überlebenden des größten Konzentrationslagers der Nationalsozialisten auch die Schwierigkeit bedeutet, unter Menschen zu leben, die sie nicht verstanden. „Es ist einfacher, das Tattoo von der Haut zu entfernen, als die Effekte der Erlebnisse im Lager aus dem Körper und Kopf zu löschen“, sagte er in Anspielung auf die Häftlingsnummern, die den Gefangenen in Auschwitz eintätowiert wurden. Die Gedenkfeier fand im sogenannten Sauna-Gebäude statt, in dem die neu ankommenden Häftlinge tätowiert wurden.
In Auschwitz ermordeten die Nationalsozialisten zwischen 1940 und 1945 etwa 1,1 Millionen Menschen, vor allem Juden. Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager von der Roten Armee befreit. Der Jahrestag der Befreiung wird international als Holocaust-Gedenktag begangen. Insgesamt wurden in den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nationalsozialisten rund sechs Millionen Juden umgebracht. epd