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Langenauer Pfarrer will sich nicht einschüchtern lassen

Wenn der evangelische Gemeindepfarrer Ralf Sedlak um seine historische Kirche in Langenau (Alb-Donau-Kreis) geht, dreht er sich häufig um und schaut in alle Richtungen. Durch die massiven Attacken pro-palästinensischer Aktivisten gegen ihn persönlich und gegen die Gemeinde sei er vorsichtiger geworden und beobachte seine Umgebung aufmerksamer als früher, sagte der Theologe in einem epd-Gespräch. Die Anfeindungen begannen im Oktober 2023, als Sedlak in einer Predigt den Überfall der Hamas auf Israel kritisiert hatte. Seitdem stehen Aktivisten am Sonntag vor der Kirche und beschimpfen den Pfarrer. An der historischen Martinskirche, die das Ortsbild von Langenau prägt, wurde mit großen roten Buchstaben die Schmiererei „Juden vergasen“ angebracht.

Die Präsenz der Antiisrael-Aktivisten mit Plakaten und Megafon vor der Kirche hat Sedlak zufolge viele Gemeindemitglieder verunsichert, vor allem auch, dass sie als Kirchgänger fotografiert wurden. Bei seinen Predigten überlege er einzelne Formulierungen viel genauer und halte politische Ansichten „eher neutral und allgemein“, um keine Angriffsflächen zu bieten, erläutert der Theologe. Er achte als Gemeindepfarrer allerdings auch darauf, dass dieses „Vermeidungsverhalten“ nicht zu weit gehe oder seine Arbeit einschränke: „Ich gehe nach wie vor überallhin, wohin ich als Seelsorger muss, komme allen seelsorgerlichen Verpflichtungen ohne Einschränkungen nach.“ Auch der gesamten Gemeinde sei sehr daran gelegen, das kirchliche Leben und alle Aktivitäten in den verschiedenen Gruppen und Kreisen in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Der kleine Ort Langenau bei Ulm sei von den Pro-Palästina-Aktivisten nach der Einschätzung Sedlaks als Schauplatz für ihre Aktionen gewählt worden, da „treibende Kräfte der Kampagne“ im Umfeld wohnten und Proteste um die evangelische Martinskirche durch deren Dimensionen und zentraler Lage die größte öffentliche Beachtung fänden. Eine „echte Grenze“ sieht Sedlak überschritten, wenn seine Kinder angegangen werden, die zweijährige Tochter beispielsweise miterleben müsse, wie ihr Vater „aus einem langsam an uns vorbeifahrenden Auto heraus wüst und lautstark beschimpft“ werde.

Trotz der Attacken wolle sich die Gemeinde nicht zurückziehen, denn es gehe „exemplarisch darum, dass legitime Positionen nicht durch Aggressivität und Lautstärke zum Schweigen gebracht werden“, sagt Sedlak. Es sei zu hoffen, dass die angelaufenen polizeilichen Ermittlungen zu Regelungen führen, die „uns Sicherheit und Perspektive“ geben.

Die baden-württembergische Landesregierung hatte dem Pfarrer bereits Unterstützung versprochen. „Der Pfarrer und
seine Familie können sich des Rückhalts der Landesregierung gewiss sein“, schrieb Innenminister Thomas Strobl (CDU). Auch der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl, sowie der zuständige Ulmer Dekan Torsten Krannich hatten den evangelischen Pfarrer gegen die Angriffe in Schutz genommen. (2897/30.12.2024)