Rheinland-Pfalz will das Bestattungsrecht umfassend liberalisieren. Der Ministerrat habe am Dienstag die Gesetzesnovelle im zweiten Durchgang gebilligt, teilte Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) in Mainz mit. Demnach solle die Sargpflicht entfallen und eine Bestattung auch im Tuch oder in den großen Flüssen Rhein, Mosel, Lahn oder Saar sowie auf See möglich sein. Auch soll erlaubt werden, die Totenasche nach Schweizer Vorbild zu einem „Diamanten“ als Erinnerungsstück verarbeiten zu lassen oder die Asche auf mehrere Angehörige aufzuteilen. Der Landtag wird den Gesetzentwurf ab Mitte Mai beraten. Ziel sei, das Gesetz im Juli zu beschließen.
Bei der Reform gehe es darum, dass Trauernde ganz persönlich Abschied nehmen können, sagte Hoch. Auch die Wünsche des Verstorbenen sollten respektiert werden. Das bislang gültige Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz sei seit über 40 Jahren in Kraft. „Die Bedeutung der Themen Tod und Bestattung hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert und weiterentwickelt“, sagte der Minister. Dem wolle das Land Rechnung tragen.
Neuerungen sieht der Entwurf auch für den Umgang mit sogenannten Sternenkindern vor, die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben. Auch sie sollen beerdigt werden können. „Wir wollen Menschen in der Stunde des größten Verlustes einen Ort der Trauer garantieren“, erklärte Hoch. „Dies gilt auch für eine gemeinsame Bestattung mit einem zeitnah verstorbenen Elternteil, gerade in Fällen von tödlichen Unfällen oder dem Tod der Mutter während der Geburt.“ Nach aktueller Rechtslage gelten die Bestimmungen zur Bestattungspflicht nur, wenn das Gewicht des Kindes mindestens 500 Gramm beträgt.
Kritik an der geplanten Reform übten die evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz in einer Stellungnahme im Februar. Der gesellschaftliche Konsens im Hinblick auf die Totenruhe werde „aufgekündigt, wenn Totenaschen zu Sachen werden, über die Einzelne verfügen, die verloren gehen können oder deren Aufbewahrungsort früher oder später in Vergessenheit gerät“. Die private Aufbewahrung verwehre Menschen einen öffentlich zugänglichen Trauerort. Spätestens, wenn die zur Fürsorge für die Urne Verpflichteten erkranken, umziehen oder sterben, sei das weitere Schicksal von Urnen kaum noch nachzuverfolgen: „Auf längere Sicht wird der Verbleib der Asche Verstorbener dem Zufall überlassen.“
Viele der vom Land angekündigten Neuerungen seien in anderen europäischen Ländern seit Jahren möglich, sagte Alexander Helbach von der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas dem Evangelischen Pressedienst (epd). Im bundesweiten Vergleich hätte Rheinland-Pfalz bei Umsetzung der geplanten Reform das mit Abstand liberalste Bestattungsrecht. Das sei grundsätzlich zu begrüßen: „Der Wille der Verstorbenen sollte ausschlaggebend sein.“ Probleme sehe Aeternitas überall dort, wo neue Bestattungsformen lediglich aus Kostengründen gewählt würden, um Geld zu sparen. An dieser Stelle müsse es auch künftig Grenzen des Zulässigen geben.