München gilt als jene Stadt, in der einst der Jugendstil seinen Anfang nahm. Dieser revolutionären Kunstform der Jahrhundertwende ist demnächst eine eigene Ausstellung in der Kunsthalle gewidmet.
Die Rolle Münchens als Wiege des Jugendstils nimmt ab 25. Oktober eine neue Schau in der Kunsthalle München in den Blick. Unter dem Titel “Jugendstil. Made in Munich” werden Objekte aus dem Kunsthandwerk, aus Skulptur, Malerei, Grafik, Fotografie, Mode und Schmuck gezeigt. Sie sollen Besucherinnen und Besucher in die Zeit um 1900 entführen. Die damals diskutierten Lebensfragen seien noch heute aktuell. Die Ausstellung findet in Kooperation mit dem derzeit wegen Generalsanierung geschlossenen Münchner Stadtmuseum statt, das eine Jugendstil-Sammlung von internationalem Rang besitzt.
Münchens Ruf als Kulturmetropole zog Ende des 19. Jahrhunderts Kunstschaffende aus ganz Europa an. In diesem für Innovationen offenen Klima erschien ab 1896 die Zeitschrift “Jugend”. Sie wurde zur Namensgeberin einer neuen Strömung. Schon die bunten Titelseiten zeigten, dass sich die Künstler mit großen Fragen auf ästhetisch vielfältige Weise auseinandersetzten. Sie traten an, die Kunst zu revolutionieren und das Leben zu reformieren.
Aspekte wie die Gleichstellung der Geschlechter, ein gesundes Leben im Einklang mit der Natur oder die Demokratisierung von Kunst und Gesellschaft bildeten den Hintergrund für den Jugendstil, wie es heißt. Der erste Raum werde die Besuchenden in ein Wohnhaus in der Schwabinger Georgenstraße um 1900 versetzen. Das Interieur von Salon und Speisezimmer, das Richard Riemerschmid (1868-1957) für Carl von Thieme, einen Mitbegründer der Münchner Rück-Versicherung, entwarf, wird hier wieder zusammengebracht. Als Losung galt, das Leben mit Hilfe von Kunst zu verschönern.
In der Ausstellung wird erstmals seit Langem wieder ein Hauptwerk des Münchner Jugendstils zu sehen sein: der Wandbehang mit Alpenveilchen (1895) von Berthe Ruchet (1855-1932). Als Gegenbewegung zu Industrialisierung und Urbanisierung keimte damals das Ideal eines umweltbewussten Lebens in Einklang mit der Natur auf. Die Reform sollte alle Bereiche des Alltags durchdringen – von korsettfreier Kleidung bis hin zu vegetarischer Ernährung. Die Tier- und Pflanzenwelt wurde zudem zur Inspirationsquelle des Jugendstils.
Die Jugendstil-Künstler fanden ihre Themen auch in vergangenen Epochen. Das zeigt sich in der gotischen Schlankheit des Vitrinenschranks (1898/99) von Bernhard Pankok oder auch in der klassizistischen Strenge der Speerschleudernden Amazone (1897) Franz von Stucks (1863-1928). Auch Märchen, Mythen und Sagen wurden aufgegriffen. Unter den Exponaten finden sich zudem Arbeiten wie die einzig erhaltene Fassung von Riemerschmids Gemälde “Garten Eden” (1900) oder der 24-flammige Kerzenleuchter (1913) von Gertraud von Schnellenbühel (1878-1959).