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Künftige Koalition setzt auf Reformen in Gesundheit und Pflege

Die künftige Regierungskoalition will eine weitere Belastung der Beitragszahler in Kranken- und Pflegeversicherung verhindern. Bei der Krankenhausreform soll es mehr Luft für die Umsetzung geben. Ein Blick auf den Koalitionsvertrag.

Die künftige Regierungskoalition will Gesundheit und Pflege von Bürokratie entlasten und eine weitere Belastung der Beitragszahler vermeiden. Patienten sollen einen schnelleren Zugang zu Terminen erhalten und die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte im Gesundheitswesen verbessert werden. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Koalitionsvertrag von Union und SPD hervor.

In dem Koalitionsvertrag ist allerdings nicht mehr konkret von höheren steuerlichen Zuschüssen für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung oder von der Übernahme versicherungsfremder Leistungen durch die Steuerzahler die Rede. Mit Blick auf die Finanzen der Krankenversicherung soll eine Kommission unter Beteiligung von Expertinnen und Experten und Sozialpartnern eingerichtet werden. Sie soll bis Frühjahr 2027 konkrete Maßnahmen vorschlagen.

Eine “große Pflegereform” soll zügig kommen; sie soll die Finanzierung der Pflegeversicherung auch langfristig auf sichere Beine stellen. Die Grundlagen der Reform soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Ministerebene unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände noch in diesem Jahr erarbeiten.

Die geplante Krankenhausreform wird mit längeren Fristen fortgesetzt. Bis zum Sommer sollen alle gesetzlichen Regelungen vorliegen. Um die Grund- und Notfallversorgung – insbesondere im ländlichen Raum – sicherzustellen, ist geplant, den Ländern Ausnahmen und erweiterte Kooperationen zuzugestehen.

Die Definition der Fachkrankenhäuser wird so überarbeitet, dass die in den Ländern bestehenden Fachkliniken erhalten bleiben können. Innerhalb von sechs Monaten will die neue Regierung eine Bürokratieentlastungsgesetz auf den Weg bringen, mit dem die Prüfquote bei den Krankenhäusern gesenkt wird. Auch die Dokumentationspflichten und Kontrolldichten sollen so verringert werden.

Die Koalition will zudem Krankheitsvermeidung, Gesundheitsförderung und Prävention stärken. Um Patientinnen und Patienten besser durch das Gesundheitssystem zu lotsen, soll ein Primärarztsystem eingerichtet werden. Haus- und Kinderärzte sollen deshalb als erste Anlaufstellen weitere Termine bei Fachärzten vermitteln. Zudem sollen Patienten künftig über digitale Wege und Telemedizin eine Ersteinschätzung ihrer Erkrankung erhalten können. Patienten mit chronischen Erkrankungen sollen künftig nicht in jedem Quartal eine Praxis aufsuchen müssen; die behandelnden Ärzte sollen Jahrespauschalen erhalten. Für Fachärzte in unterversorgten Gebieten sollen die Honorardeckel fallen.

In der Pflegepolitik sollen in den ersten 100 Tagen die bereits von der Ampel beschlossenen Gesetze zur Pflegekompetenz und der Pflegeassistenz fortgeführt werden. Die Koalition hat sich zudem darauf verständig, innerhalb der ersten sechs Monate die Pflegenden von Bürokratie zu entlasten. So sollen Berichtspflichten, Dokumentationspflichten und Kontrolldichten verringert, doppelte Prüfstrukturen abgebaut werden.

Mit dem Pflegekompetenzgesetz sollen Pflegekräfte mehr Befugnisse erhalten und damit ihre vielfältigen Qualifikationen besser nutzen. Das Pflegefachassistenzgesetz soll dafür sorgen, dass in den Pflegeberufen mehr Vielfalt entsteht. Pflegefachassistenzpersonen sollen zukünftig vermehrt Aufgaben durchführen können, die heute noch teilweise von Pflegefachpersonen durchgeführt werden. Hierdurch werden Pflegefachpersonen deutlich entlastet werden. Auch das Gesetz zur Einführung der “Advanced Practice Nurse” soll schnell auf den Weg gebracht werden. Dabei handelt es sich um gut ausgebildete Pflegekräfte, die in Dörfern und Stadtteilen vor Ort Gesundheitsfürsorge und soziale Beratung anbieten.

Die Koalition strebt darüber hinaus an, ambulante und häusliche Pflege zu stärken. Das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz sollen zusammengeführt werden. Ziel ist es, dass Angehörige Beruf und Pflege besser miteinander vereinbaren können. Dabei sollen künftig Freistellungsansprüche flexibler gemacht und der Kreis der Angehörigen erweitert werden. “Wir prüfen, wie perspektivisch ein Familienpflegegeld eingeführt werden kann”, heißt es weiter.