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Reformationstag zunehmend im Zeichen der Ökumene

Das protestantische Reformationsfest wird immer ökumenischer. Der Gedenktag sei ein „Zeichen für die gemeinsame Verantwortung von uns Christinnen und Christen – unabhängig von unseren Konfessionen“, heißt es in einer in Auszügen am Mittwoch veröffentlichten Rede des Bischofs des Bistums Mainz, Peter Kohlgraf. Der katholische Theologe ist Festredner bei der zentralen Reformationsfeier der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) an diesem Donnerstag in Mainz.

Bei dem Festakt zum Reformationstag predigt zudem der scheidende hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung laut einer Mitteilung der EKHN über das Verhältnis von Kirche und Staat. Die Frage des Verhältnisses zum Staat sei für den Glauben der Christinnen und Christen zu allen Zeiten eine wichtige Frage gewesen. In der Demokratie seien alle in der Pflicht, das Gemeinwesen mitzugestalten

Seit 1994 veranstaltet die 1,3 Millionen Mitglieder zählende EKHN einen Festakt anlässlich des Reformationstags. Dabei betrachtet jeweils eine Persönlichkeit mit besonderem Fokus das protestantische Leben in der Gesellschaft. Redner waren bisher unter anderem der frühere DDR-Ministerpräsident Lothar de Mazière und der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster.

In seiner Reformationsbotschaft erklärte der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, evangelisch sein sei „anstrengend. Es ist sehr persönlich. Glaube ist immer in Bewegung, im Fluss.“ Luther habe erkannt: Ohne jede Vorleistung schenkt uns Gott in Christus seine volle Anerkennung und Liebe. Dies befreie aber nicht von der Pflicht zum Handeln. „Wir wissen das genau. Und wir wissen auch, wie wir die Missstände beseitigen könnten. Wir tun es aber nicht.“ Am Reformationstag predigt Gohl in der Stadtkirche Sulz.

An diesem Reformationstag wird auch an die vor 25 Jahren in Augsburg von Vatikan und Lutheranern verabschiedete „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ erinnert. Damit hoben Protestanten und Katholiken ihre jahrhundertealten gegenseitigen Lehrverurteilungen zur Rechtfertigungslehre auf und bekundeten einen „Konsens in Grundwahrheiten“. Die Gemeinsame Erklärung gilt bis heute als das einzige ökumenische Konsensdokument in der westlichen Kirche, das offiziell anerkannt und bestätigt wurde. Praktische Auswirkungen im kirchlichen Leben gibt es bislang allerdings nicht.

Am Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an die Anfänge der evangelischen Kirche vor rund 500 Jahren. Die vom damaligen Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) um den 31. Oktober 1517 von Wittenberg aus verbreiteten 95 Thesen gegen kirchliche Missstände wurden zum Ausgang einer christlichen Erneuerungsbewegung. Während der Gedenktag früher zur Abgrenzung der Protestanten gegenüber katholischen Christen genutzt wurde, wird er inzwischen im Geist der Ökumene gefeiert.

Der Reformationstag wird als Gelegenheit zur evangelischen Selbstbesinnung verstanden. Luther wollte die Kirche zum geistigen Ursprung der Botschaft des Evangeliums zurückführen. Die von ihm geforderten Reformen führten nicht nur zur Gründung der evangelischen Kirchen, auch die römisch-katholische Kirche hat sich seitdem grundlegend reformiert.