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Kölner Museum Kolumba mit neuer Jahresschau zu Kunst und Zeichen

Es kommt auf den Zusammenhang an: Das Hakenkreuz ist in Deutschland verboten. Dabei findet sich das Symbol schon seit Jahrtausenden in der Kunst vieler Kulturen, wie eine neue Ausstellung über Kunst und Zeichen verdeutlicht.

Es kommt auf den Zusammenhang an: Das Hakenkreuz ist in Deutschland verboten. Dabei findet sich das Symbol schon seit Jahrtausenden in der Kunst vieler Kulturen, wie eine neue Ausstellung über Kunst und Zeichen verdeutlicht.

Das Bild von Kurt Benning (1945-2017) zeigt eine quadratische weiße Fläche. In der Mitte ragt senkrecht ein brauner Balken auf. Rote und schwarze Balken begrenzen die Ober- und Unterseite. Mehr ist nicht zu sehen. Das 1988 geschaffene Werk ohne Titel soll Deutschland symbolisieren – und enthält eine versteckte Mahnung. Denn werden in Gedanken die Balken etwas verdreht, entsteht ein Hakenkreuz. So hell das Bild strahlt, so düster die Sicht des Künstlers auf die Entwicklungen in der Bundesrepublik.

Das Werk ist Teil der neuen Jahresausstellung, die das Kunstmuseum Kolumba des Erzbistums Köln am Freitag eröffnet. Die Schau bis 14. August 2024 steht unter dem Titel “Wort Schrift Zeichen”. Sie zeigt Kunstwerke aus dem 4. bis 21. Jahrhundert überwiegend aus der eigenen Sammlung. Die Kuratorinnen und Kuratoren um Museumsleiter Stefan Kraus haben sie unter der Fragestellung zusammengestellt, inwiefern Kunstwerke mit Worten und Zeichen verbunden sind. Der Untertitel der Schau lautet “Alphabet der Kunst”.

Den aktuellsten Bezug stellt die Arbeit “Z” von Dorothee von Windheim aus dem Jahr 1974 her. Den Buchstaben hat die Künstlerin auf Gaze von einem Mauerputz in Florenz abgenommen, auf dem sich verwittert das Wort “Maggazzino” befand. Während ihr “Z” rätselhaft und ohne Bedeutung erscheine, sei der Buchstabe inzwischen zu einem Zeichen für die furchtbare Aggression Russlands gegen die Ukraine geworden, sagte Kraus am Dienstag bei der Präsentation der Schau. Das Beispiel zeige, wie sehr Zeichen und Kunst vom jeweiligen Kontext abhängig seien.

Die Schau dreht sich nach den Worten des Kuratoren-Teams Kraus, Barbara von Flüe, Ulrike Surmann und Marc Steinmann um die Frage, wann aus einer Zeichnung ein Zeichen wird und wie sehr die Lesbarkeit orts- und zeitgebunden ist. In einer Schlingen- und Noppenweberei, die zwischen dem späten 3. und dem frühen 5. Jahrhundert entstanden ist, ist ein Hakenkreuz zu erkennen. Laut Kraus ist das Wirbelmotiv seit mehr als 10.000 Jahren in verschiedenen Kulturen nachweisbar und steht allgemein für Glück oder im Buddhismus für die Abfolge von Wiedergeburten. Erst durch die völkische Bewegung sei es zu einem rassistischen und antisemitischen Symbol geworden.

Bis in die jüngste Gegenwart hinein seien Zeichen mit Machtansprüchen verbunden, so die Ausstellungsmacher. Die zusammengestellten Werke böten den Stoff, um darüber nachzudenken. Zu sehen sind etwa mittelalterliche Siegel aus der Sammlung von P. Stephan Beissel. Deren Bildsprache unterstreiche den Status der Siegelnden, so Steinmann. So sei das Reitermotiv dem hohen Adel vorbehalten gewesen und jungen adeligen Herren das Motiv der Falkenjagd.

Zeichen und Kunst – auch im religiösen Kontext spielt dies eine große Rolle. Eine um 1517 entstandene Schutzmantelgruppe stellt die Gottesmutter Maria mit einem prächtigen Umhang vor – das Jesuskind aber nackt. Hier zeige sich ein deutlicher Bezug zum Beginn des Johannes-Evangeliums: “Und das Wort ist Fleisch geworden…” Auf ganz andere Weise identifiziert Dieter Krieg (1937-2005) das Wort mit Jesus Christus: Auf einem 1997 entstandenen Bild ist eine fette Fleischwurst zu sehen – und darunter der Schriftzug “Jesus kocht”.

Eine Umformung religiöser Zeichensprache lässt eine Lithografie von Conrad Felixmüller (1897-1977) erkennen. Sein Bild “Menschen über der Welt” fertigte er nach der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Die beiden Revolutionsführer richten ihren Blick himmelwärts auf einen Stern – aber nicht den von Bethlehem, sondern den der sozialistischen Gesellschaft.

Wie sehr Worte und Kunst korrespondieren, macht die Ausstellung mit ihrem spielerischen Anfang im Foyer deutlich: In einem “Alphabet der Dinge” werden Alltagsgegenstände aus einer Sammlung des Kölner Malers Werner Schriefers (1928-2003) gezeigt: darunter eine Schreibmaschine namens Erika oder ein Reisebügeleisen namens Stewardess. Lassen diese Bezeichnungen eine männerdominierte Geschäftswelt rückschließen, fragen die Ausstellungsmacher. Ihre Antwort: “Der Abgleich der Produkte schreibt eine Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts.”