BIELEFELD – Popmusik im Gemeindeleben und im Gottesdienst – das gibt es schon seit Jahrzehnten. Inzwischen ist kaum eine Gemeinde mehr ohne Jugendband, Gospelchor oder Worship-Gruppe. Zeit für professionell ausgebildete Pop-Kirchenmusiker, meint die Evangelische Kirche von Westfalen, und gründet jetzt die europaweit erste kirchliche Pop-Akademie. Hier sollen junge Musiker demnächst den achtsemestrigen Studiengang „kirchliche Popularmusik“ mit dem Schwerpunkt Pop/Rock/Jazz absolvieren können. Der Abschluss, ein Bachelor-Examen, entspricht dann dem bisherigen B-Examen der klassischen Kirchenmusikausbildung. Leiter des Studienganges wird Kirchenmusikdirektor Hartmut Naumann, der bisher in Hamburg für die Nordkirche tätig war.
Als „kirchliche Kultur-Reformation“ bezeichnete einer der zukünftigen Dozenten, der Popmusiker und Produzent Dieter Falk, die Gründung der Pop-Akademie. Auch Luther habe die Kirche schon für populäre Melodien geöffnet, sagte Falk, der unter anderem die Musicals „Die Zehn Gebote“ und „Luther“ komponiert hat. Die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, nannte die Popmusik eine „wichtige, ernst zu nehmende Stimme“ im Bereich der Kirchenmusik. Hartmut Naumann sprach von einer überfälligen Professionalisierung in diesem Bereich.
In dem neuen Studiengang liegt der Schwerpunkt auf der Popularmusik, aber die Studierenden müssen auch Kirchenorgel und Gottesdienstliturgie beherrschen. „So können sie in einer Kirchengemeinde die Grundversorgung für die gottesdienstliche Begleitung sicherstellen“, sagte Naumann. Der für die Kirchenmusik zuständige Landeskirchenrat Vicco von Bülow verwies darauf, dass Gemeinden bereits seit einigen Jahren Kirchenmusiker suchten, die sich sowohl in klassischer Musik als auch im populären Bereich bewegen könnten.
Auch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für Kirchenmusiker, Erzieherinnen, Gemeindepädagogen oder Jugendmitarbeiter soll es unter dem Dach der Pop-Akademie geben. In diesem Bereich ist die Stiftung Creative Kirche in Witten federführend. Sie plant etwa ein Programm „Singender Kindergarten“, damit in allen 900 evangelischen Kindergärten in Westfalen musikpädagogische Arbeit stattfinden kann.
Ein festgelegtes Repertoire an christlichen Pop-Stücken gibt es für den Studiengang bisher nicht. Zunächst mal gehe es um die musikalischen Fähigkeiten, sagte Falk. Naumann verwies auf das „riesige Liedschaffen“ im Bereich des neuen geistlichen Liedes seit den 60er Jahren und bezeichnete es als Aufgabe, hier Qualitätskriterien zu erarbeiten. Martin Barthelwort von der Creativen Kirche hatte eine klare Antwort auf die Frage, was gelehrt wird: „Was der Gemeinde nützt und die Menschen für den Glauben begeistert.“
Die Pop-Akademie ist organisatorisch bei der Hochschule für Kirchenmusik in Herford angesiedelt, wird ihren Sitz aber im Ruhrgebiet haben. Für den ersten Durchlauf, der zum Wintersemester 2016/17 beginnt, wird mit rund zehn Studierenden gerechnet. Studiengebühren wird es nicht geben. Finanziert wird das Angebot zum großen Teil von der westfälischen Landeskirche; eine Beteiligung von EKD-Seite ist angefragt. Für die Dozententätigkeit von Dieter Falk wurde eine Stiftungsprofessur eingerichtet, wie es hieß.