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Kirchenparlament diskutiert Millionenkürzungen

Die Evangelische Landeskirche in Württemberg muss Millionen einsparen. Am Freitag hat die Kirchenleitung der in Stuttgart tagenden Landessynode Kürzungsvorschläge vorgelegt. Die Synodalen werden sie beraten und anschließend in die Ausschüsse verweisen. Eine Beschlussfassung wird während der Sommersynode erwartet.

„Diese Vorlage beschreibt eine Zäsur im Finanzverhalten der Landeskirche“, sagte Direktor Stefan Werner. „Wir sind gezwungen, uns zu fokussieren. Wir werden kleiner, wir haben weniger Stellen, weniger Sachmittel, weniger Immobilien, weniger Ausbildungsplätze, weniger Servicestellen in der Verwaltung.“ Von einer „kaputt gesparten Kirche“ wollte Werner aber nicht sprechen. „Ja, wir kürzen Arbeitsfelder, aber nicht auf dem Rücken von Mitarbeitenden. Niemand wird gekündigt.“ Alle könnten in ihren Arbeitsfeldern weiterarbeiten, wenn auch teils an anderen Orten im Rahmen der Zumutbarkeit.

Man habe bei den Beratungen um mögliche Einsparungen der Versuchung widerstanden, kirchliche Arbeitsbereiche gegeneinander auszuspielen, betonte Werner. Vielmehr habe man sich um Kompromisse bemüht: „So haben wir den Vorschlag diskutiert, Kürzungen im Bereich der Jugendarbeit zu reduzieren und dies durch die Aufgabe aller Tagungshäuser zu kompensieren. Wir konnten uns im Ergebnis diesem Vorschlag nicht anschließen, weil er bedeutet hätte, dass wir unsere Zusage, keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen zu müssen, hätten aufgeben müssen.“

Dem Oberkirchenrat sei bewusst, dass einzelne vorgeschlagene Einsparungen besonders stark diskutiert würden, sagte Werner. Darunter fielen insbesondere das Evangelische Jugendwerk (ejw) und die Evangelische Akademie Bad Boll. Aus Sicht des Kollegiums des Oberkirchenrats sollten beim ejw 1,2 Millionen Euro und bei der Evangelischen Akademie 2 Millionen Euro eingespart werden. „Dass dies einschneidende Veränderungen in diesen beiden großen Aufgabenbereichen mit Außenwirkung haben wird, bestreitet niemand. Es wird im Ermessen der Synode liegen, ob man die Kürzungsvorgaben in diesen Bereichen bestätigt.“

Wie Werner weiter sagte, ist auch der Oberkirchenrat selbst nicht von den Sparmaßnahmen ausgenommen. Neben der Streichung von rund 100 Personalstellen im Haus verzichteten der Bischof und die Prälaten künftig auf ihre Fahrer. Zudem würden Doppelstrukturen abgeschafft und vier Referatsleitungsstellen eingespart.

Die vier Gesprächskreise innerhalb der Landessynode dankten der Kirchenleitung für die Vorlage, übten aber auch Kritik an den Kürzungsplänen. Markus Ehrmann vom Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde“ warb dafür, die Jugendarbeit weiter überproportional zu unterstützen. Eine schrumpfende Kirche brauche junge, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter, so Ehrmann. Dazu trage das ejw wesentlich bei, weshalb die Kürzungen dort auf maximal zehn Prozent begrenzt werden sollten.

Ähnlich äußerte sich Matthias Böhler von „Kirche für morgen“. Nach seinen Worten muss Kirche sich grundlegend ändern, da vieles nicht mehr in die Zeit passe. Ein Schwerpunkt müsse auf Jugendarbeit und Ehrenamt gesetzt werden: „Die Kirche der Zukunft wird eine Ehrenamtskirche sein.“ Das Beamtentum hingegen sei überkommen und solle abgeschafft werden. Auch ihre Tagungsstätten solle die Landeskirche abgeben. Strukturen und Verwaltung sollen nach Vorstellung von „Kirche für morgen“ ausgedünnt werden.

Der Gesprächskreis „Offene Kirche“ warnte davor, den Rotstift zu stark an gesellschaftsrelevante Bereiche anzusetzen. Als Beispiel nannte der Synodale Eckart Schultz-Berg die Evangelische Akademie Bad Boll: „Die Landeskirche schießt sich ins Knie, wenn sie die Arbeit der Akademie so massiv bespart, weil sie sich damit selbst unwichtig macht.“ Bad Boll sei eine eingeführte und gesellschaftlich anerkannte Marke.

Hintergrund der nötigen Einsparungen ist eine sogenannte Versorgungsdeckungslücke. Um ihre Pensionszusagen auch in Zukunft sicher erfüllen zu können, muss die Landeskirche innerhalb einer Dekade rund eine Milliarde Euro einsparen. Die Hälfte der über 4.000 Kirchenbeamten – ganz überwiegend Pfarrerinnen und Pfarrer – ist noch im aktiven Dienst, die andere Hälfte bereits in Pension.

Allen hat die Kirche die Altersversorgung und Beihilfe vertraglich zugesagt, was auf die nächsten Jahrzehnte gerechnet einen Betrag von vier Milliarden Euro ausmacht. Zwei Milliarden liegen bereits beim Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg und der Evangelischen Ruhegehaltskasse in Darmstadt, eine Milliarde wurde in den vergangenen Jahren zurückgelegt. Die noch fehlende eine Milliarde soll in zwölf Jahren zusammengespart werden. (0713/28.03.2025)