Stralsund. „Schwarze sollen für uns schuften, doch dann sollen sie verduften“, schmettern die Kinder voller Ausdruckskraft. Am Klavier gegenüber dem „Chor der Weißen“ begleitet sie Kantor Michael Blohm mit munterer Mimik.
Hier im Gemeinderaum von Heilgeist in Stralsund läuft der dritte Probentag zum Musical „Martin Luther King“. 15 Kinder aus den Innenstadt-Kirchengemeinden zwischen 2. und 9. Klasse verbringen damit ihre letzte Ferienwoche, jeden Tag von 9 bis 16 Uhr. Mehr als die Hälfte der eingängigen Songs sollten jetzt sitzen. „Wir machen einen Reaktionstest“, schlägt Michael vor, wie die Kinder ihn nennen. „Ich spiele nur das Vorspiel, und ihr setzt ein.“
Und nach kurzem Klavierspiel beginnen die Kinder sicher mit den richtigen Liedtexten. „Das klappt ja schon prima!“, freut sich der Kantor, der mit einer Viertelstelle hier, und sonst als Klavierlehrer der Musikschule arbeitet. Im Nebenraum trocknet die Kulisse: ein riesiges Laken. Gemeinsam mit Albrecht Stegen, der für das Bühnenbild verantwortlich ist, haben die Kinder einen Bus darauf gemalt.
Die Schwarze, die keinen Platz machte
Der Bus ist nämlich zentraler Ort der Handlung. „Ich spiele einen Türken, der im Bus sitzt und von einem Deutschen hochgescheucht wird“, erzählt Richard. Diese Szene spielt in der heutigen Zeit, erzählen die anderen Kinder. „Das Stück spielt auf zwei zeitlichen Ebenen“, erläutert Blohm. Von Heute aus wird auf die 1950/60er-Jahre in den USA geschaut, als die Schwarzen um ihre Rechte kämpften.
In Montgomery, Alabama, hatte Rosa Parks eine ganze Massenbewegung ausgelöst. Die afroamerikanische Bürgerrechtlerin hatte sich am 1. Dezember 1955 geweigert, im Bus für einen Weißen aufzustehen. „Ich stehe nicht auf, ich bin müde“, hatte sie gesagt.
Wie jetzt Mara in diesem Musical, die die Rosa spielt. Eine Stelle, an der einige Zeit geprobt wird. Schließlich soll Rosa von einem Polizisten abgeführt werden – wie damals die echte – und es soll überzeugend wirken. „Da muss die Müdigkeit dann in Aufmüpfigkeit umschlagen“, sagt der Kantor: „Diesen Affektwechsel müssen wir auf der Bühne sehen.“