Die Evangelische Kindertageseinrichtung Roland liegt in Dortmunds Nordstadt. Von den 85 Plätzen sind 16 für Kinder unter drei Jahren vorgesehen. Derzeit sind 16 verschiedene Nationen vertreten, nur etwa 15 Prozent sind deutsche Kinder. Dementsprechend unterschiedlich ist auch der religiöse Hintergrund, aus dem die Kinder kommen – es reicht von Zeugen Jehovas über Muslime verschiedenster Prägung bis hin zu Kindern mit buddhistischem Glauben. Karin Ilgenfritz sprach mit Andrea Schaedel, Leiterin der Einrichtung, über die religiöse Erziehung.
• Wissen die Eltern denn, dass es sich bei Ihnen um eine kirchliche Einrichtung handelt?
Ja, in der Regel schon. Viele melden ihre Kinder auch genau aus diesem Grund bei uns an. Sie sagen, es ist ihnen lieber als eine städtische Einrichtung, in der Religion keine Rolle spielt. Die Eltern finden es gut, wenn ihre Kinder von Gott erfahren und ihnen christliche Werte vermittelt werden. Für die muslimischen Eltern ist es wichtig, dass ihre Kinder kein Schweinefleisch essen. Darauf achten wir.
• Wie kommen die Kinder zurecht – können sie denn schon so gut deutsch, um zum Beispiel einer biblischen Geschichte zu folgen?
Die meisten Kinder, die zu uns kommen, können kaum ein Wort Deutsch. Anfangs läuft vieles nonverbal ab. Wir sind hier in der Einrichtung alle Spezialisten darin, die Kinder an die Sprache heranzuführen. Wir haben Kurse belegt für Sprachvermittlung und bilden uns immer weiter. Es gibt hervorragendes Material – Spiele, Bücher, Bildkarten. Die Kinder lernen sehr schnell. Nach zwei Monaten reichen ihre Sprachkenntnisse bereits aus, um sich verständlich zu machen.
• Wie sieht bei Ihnen religiöse Erziehung aus?
An zwei Tagen im Monat kommt die Pfarrerin. Oft erzählt sie biblische Geschichten mit einer Handpuppe. Das lieben die Kinder. Wir sprechen über die kirchlichen Feste im Jahreskreis und spielen auch mal Geschichten nach – legen zum Beispiel vor Ostern den Palmweg. Außerdem singen wir viele Kinderlieder mit christlichem Inhalt und beten gemeinsam. Beim Beten legen wir aber keinen Wert darauf, dass die Kinder ihre Hände falten. Das ist den meisten völlig fremd. Und es ist ja auch nicht nötig. Erntedank und Weihnachten feiern wir traditionell in unserer Kirche der Lydia-Gemeinde. Es kommen auch Eltern mit muslimischem Glauben, da ihre Kinder etwas aufführen und singen. Etwa zehn Prozent unserer muslimischen Eltern verzichten allerdings aus Glaubensgründen auf den Besuch eines evangelischen Gottesdienstes.
• Welche Rolle spielen die anderen Religionen im Kindergartenalltag?
Da etwa die Hälfte unserer Kinder einen muslimischen Hintergrund haben, feiern wir schon auch mal das Opferfest oder das Zuckerfest. Wir haben auch buddhistische Kinder und Zeugen Jehovas. Gerade Zeugen Jehovas feiern so gut wie gar nicht, lediglich den Namenstag. Den begehen wir dann im Kindergarten auch. Andere Feiertage oder das, was Kinder sonst einbringen, sind Thema in unserem täglichen Morgenkreis. Da werden die Kinder in kleine Gruppen aufgeteilt und es wird darüber gesprochen, was sie bewegt.
• Sie sind in Ihrer Einrichtung offen für alle Nationalitäten und Religionen. Wo sind Grenzen?
Einmal wurde ein muslimisches Mädchen angemeldet. Es war noch keine zwei Jahre alt, sollte aber einen Schleier tragen. Da haben wir gesagt, wir nehmen es nur ohne Schleier. Darauf ließen sich die Eltern ein. Wir hatten auch schon einen Fall, wo ein Kind die muslimische Fastenzeit einhalten sollte. Dagegen sind wir eingeschritten, das ist eine Überforderung und einfach ungesund. Aber insgesamt ist es erstaunlich, wie tolerant die meisten Eltern sind. Sie sind froh, dass ihr Kind bei uns gut aufgehoben ist und Werte wie Gerechtigkeit und Ehrlichkeit vermittelt bekommt.