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Keine Patente auf Pflanzen und Tiere

Das Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen unterstützt den internationalen Aufruf gegen die Patentierung von konventionell gezüchteten Pflanzen und Tieren. Die Vielfalt der Landwirtschaft darf nicht gefährdet werden

Trotz der ungünstigen Witterung im Frühjahr und Sommer hat die westfälische Landwirtschaft in diesem Jahr gute Ernten eingefahren und wir feiern das Erntedankfest in dem Bewusstsein, dass unsere Ernährung in Vielfalt gesichert ist.

Fragwürdige Entscheidung des Patentamtes

Im letzten Frühjahr ist jedoch eine Entscheidung gefällt worden, die die Zukunft der Landwirtschaft und der Ernährung in Europa gefährdet. Im März entschied die sogenannte Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA), dass Pflanzen und Tiere aus konventioneller Zucht als technische Erfindung patentiert werden dürfen. Diese Entscheidung stößt auf entschiedenen Widerstand. Denn die europäische Patentgesetzgebung besagt ausdrücklich, dass „Pflanzensorten und Tierrassen sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren“ nicht patentiert werden dürfen. Das Verfahren ist also keine Erfindung, die Milchkuh oder die Tomate aber doch?
Während wir verwundert den Kopf schütteln, sind multinationale Unternehmen dabei, sich Patente auf Salat, Blumenkohl, Brokkoli, Tomaten, Paprika und Karotten zu sichern. Das gefährdet die Ernährungssicherung. Mit einem Patent kann der Patentinhaber die Nutzung seines Patents regeln. So erstrecken sich viele Patentschriften über die gesamte Kette der Nahrungsmittelerzeugung, vom Saatgut bis zum verarbeiteten Lebensmittel.
Damit können die Unternehmen letztlich bestimmen, was auf dem Acker angebaut wird, was wir essen und welchen Preis wir dafür bezahlen. Da die meisten Patente in den Händen von wenigen großen Unternehmen liegen, können diese mit ihren patentierten Pflanzen andere Pflanzen verdrängen. So verringert sich die Vielfalt des Saatguts, Sorten verschwinden und gehen verloren.
Die deutsche und die niederländische Regierung halten Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere für problematisch und verbieten sie im nationalen Patentrecht. Das hindert aber das EPA nicht daran, europäische Patente zu erteilen. Ein internationaler Aufruf setzt sich dagegen zur Wehr. Die europäischen Regierungen werden aufgefordert, gegen die Praxis des EPA einzuschreiten. In einem ersten Schritt könnte der Verwaltungsrat der europäischen Patentorganisation, der die Aktivitäten des EPA überwacht, in der Ausführungsordnung Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere untersagen. Auch Deutschland gehört diesem Verwaltungsrat an. Die Unterstützer des Aufrufs fordern aber noch einen weiteren Schritt: Die europäische Patentgesetzgebung müsse insgesamt so verändert werden, dass Patente auf Tiere und Pflanzen und die daraus hergestellten Lebensmittel verboten sind. Erst dann wäre die herkömmliche Züchtung gesichert und die Vielfalt unserer Nahrungsgrundlagen besser geschützt.

Einsatz gegen Patente auf Pflanzen und Tiere

Die EKD-Studie „Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist“ analysiert ausführlich die Defizite der bestehenden Patentgesetzgebung und legt Reformvorschläge vor. Nun ist es an der Zeit, den Gesetzgeber zu konkreten Schritten aufzufordern. Die kirchlichen Umweltbeauftragten (AGU), Brot für die Welt und der Evangelische Dienst auf dem Land (EDL) unterstützen daher die Unterschriftenkampagne des internationalen Aufrufs „Keine Patente auf Pflanzen und Tiere!“
Weitere Informationen zum Aufruf, Unterschriftenlisten und die Möglichkeit, den Aufruf online zu unterzeichnen: http://www.kircheundgesellschaft.de/nachhaltige-entwicklung/bioethik/biopatente/. Zur Vertiefung: Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist. Biopatente und Ernährungssicherung aus christlicher Perspektive, EKD-Texte 115, https://www.ekd.de/download/ekd_texte_115.pdf.

Dr. Gudrun Kordecki arbeitet im IKG und koordiniert die kirchliche Aktion gegen Patente auf Pflanzen und Tiere.