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Kein Verhaltenskodex für künstlerische Leitung der documenta

Nach dem Antisemitismus-Skandal auf der documenta fifteen im Jahr 2022 will sich die Weltkunstausstellung zu einem „Code of Conduct“ verpflichten. Dieser Verhaltenskodex soll für die documenta und die Museum Fridericianum gGmbH als Trägergesellschaft der documenta gelten, nicht aber für die künstlerische Leitung. Das teilte eine Sprecherin am Dienstagabend in Kassel nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mit.

Die neue künstlerische Leitung der kommenden documenta 16 soll hingegen frühzeitig in einer öffentlichen Veranstaltung ihr künstlerisches Konzept vorstellen und erläutern, „welches Verständnis sie von der Achtung der Menschenwürde hat und wie sie deren Wahrung in der von ihr kuratierten Ausstellung sicherstellen will“, heißt es in der Mitteilung.

Der künstlerischen Leitung der documenta fifteen, dem indonesischen Kuratorenkollektiv Ruangrupa, und einigen Künstlern war eine Nähe zur antiisraelischen Boykottbewegung BDS vorgeworfen worden. Kurz nach der Eröffnung wurde ein Werk mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgehängt. Später lösten weitere Werke Kritik und Forderungen nach einem Abbruch der Ausstellung aus.

Zur Aufarbeitung der Antisemitismus-Vorfälle war eine Managementberatung beauftragt worden. Zu den Handlungsempfehlungen gehört ein Verhaltenskodex für Geschäftsführung und Kuratoren, um künftige Eklats zu vermeiden. Gegen einen Verhaltenskodex für die künstlerische Leitung hatte es Widerstand gegeben. Die Initiative „#standwithdocumenta“ sah dadurch die Freiheit der Kunst in Gefahr. Bis Ende Januar hatten mehr als 4.000 Menschen eine von ihr initiierte Petition gegen Versuche politischer Einflussnahme unterzeichnet.

Der Aufsichtsratsvorsitzende und Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Sven Schoeller (Grüne), sieht in den getroffenen Beschlüssen ein wirksames „Instrumentarium zum Schutz künstlerischer Freiheit und zum Schutz gegen menschenfeindliche Diskriminierung und Antisemitismus“. Hessens Kunstminister Timon Gremmels (SPD) sagte, es sei eine der komplexesten Aufgaben der gegenwärtigen Kulturpolitik, „eine praktikable Balance zwischen dem Schutz der Kunstfreiheit und der Wahrung der Menschenwürde zu finden“. Er hoffe, dass dies mit der nun erzielten Lösung gelinge.

Der documenta-Geschäftsführer Andreas Hoffmann zeigte sich überzeugt, mit dem nun beschlossenen Werkzeugkasten bestens aufgestellt zu sein, „um mit großen Schritten auf die documenta 16 zuzugehen“. Als erste Maßnahme solle nun sehr schnell die Internationale Findungskommission aufgestellt werden.