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Katharina Kubrick: Jeder Film wie ein Tagebuch des Erwachsenwerdens

Die Filme von Stanley Kubrick (1928-1999) sind für seine Tochter Katharina Kubrick wie ein Tagebuch ihres Heranwachsens. Die Familie sei wie eine Art Zirkus gewesen und immer dort hingereist, wo ihr Vater einen Film gedreht habe, sagte sie am Freitag zur Vorstellung der Retrospektive „Kubrick Komplett“ im Saarbrücker Filmhaus. Bis zum 23. Oktober sind alle 13 veröffentlichten Spielfilme Kubricks sowie zwei seiner frühesten erhaltenen Kurzfilme zu sehen. Den Auftakt an Kubricks Geburtstag sollte am Freitagabend „Eyes Wide Shut“ (1999) mit Nicole Kidman und Tom Cruise machen. Es ist die Adaption von „Traumnovelle“ (1926) des Wiener Schriftstellers Arthur Schnitzler über eine scheinbar gut funktionierende Ehe.

Ihr Vater habe tonnenweise Bücher gelesen und andere Bücher lesen lassen, um die passenden Filmgeschichten zu finden. „Er war unglaublich frustriert, dass er nicht mehr Filme drehte“, betonte Katharina Kubrick. Er hätte sich in eine Geschichte so sehr verlieben müssen, dass diese Liebe auch über den ganzen Produktionsprozess aufrechterhalten blieb. Grundsätzlich zeigten seine Geschichten, dass Menschen fehlerhaft seien, es oft vermasselten. Allerdings hätten die Filme auch immer einen hoffnungsvollen Charakter. Ihr Vater sei sehr ruhig und schüchtern gewesen, habe seine Schwächen und Fehler gekannt, erläuterte sie. Ein Filmset von ihm sei ruhig, friedlich und ohne Geschrei gewesen.

Die Retrospektive zeigt die Filme in umgekehrter chronologischer Reihenfolge jeweils eine Spielwoche lang in sechs Vorstellungen – zweimal in der englischen Originalfassung ohne Untertitel, zweimal mit Untertitel und zweimal in der deutschen Synchronfassung. Nach „Eyes Wide Shut“ folgen der Anti-Kriegsfilm „Full Metal Jacket“ (1987), der Horrorfilm „The Shining“ (1980), der Epochenfilm „Barry Lyndon“ (1975) und „The Clockwork Orange“ (1971) über die Gewalt einer Jugendgang.

Der Science-Fiction-Klassiker „2001 – Odyssee im Weltraum“ (1968) ist Ende August und Anfang September zu sehen. Danach folgen noch die Atomkrieg-Satire „Dr. Seltsam, oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ („Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb“, 1964), „Lolita“ (1962), „Spartacus“ (1960), „Wege zum Ruhm“ (1957), „Die Rechnung ging nicht auf“ (1956), „Der Tiger von New York“ (1956) sowie „Furcht und Begierde“ (1952) – mit den Vorfilmen „The Seafarers“ (1953) und „Flying Padre“ (1951).

Filmhaus-Chef Nils Daniel Peiler bezeichnete Kubrick als einen der größten und einflussreichsten Filmemacher der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er habe einen großen Einfluss auf jüngere Filmemacher gehabt. Kubricks Nachlass-Archivar Richard Daniels erklärte, dass es keinen Kubrick-Film gebe, der nicht ein Klassiker sei. Jeder Film habe zudem Comedy-Momente. „Selbst die Tragödien sind lustig“, sagte er.