Vor dem Konklave hat eine Gruppe Missbrauchsbetroffener den heutigen Papst und weitere Kardinäle beschuldigt. Der Vorwurf: Sie hätten Missbrauchsfälle von Priestern verschleppt oder vertuscht. Nun reagiert der Vatikan.
Nach zwei Monaten hat der Vatikan Vorwürfe zurückgewiesen, Kardinal Robert Francis Prevost (heute Papst Leo XIV.) und andere Kardinäle hätten in früheren Jahren Missbrauchsfälle verschleppt oder vertuscht. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sagte am Dienstag dem Portal Vatican News zu den Anschuldigungen: “Dazu haben die von den zuständigen Behörden durchgeführten Untersuchungen durch eine Prüfung objektiver und dokumentarischer Daten ergeben, dass die Fälle (…) gemäß geltender Normen behandelt wurden.”
Die Fälle seien seinerzeit “von den damaligen Diözesanbischöfen an das zuständige Dikasterium zur Prüfung und Bewertung der Vorwürfe weitergeleitet wurden”, so Parolin weiter: “Die von den zuständigen Behörden durchgeführten Kontrollen haben keine Unregelmäßigkeiten im Handeln der Diözesanbischöfe ergeben.” Wann die Prüfungen stattfanden und wer sie durchführte, sagte er nicht.
Am 25. März hatte die Missbrauchsbetroffenen-Vereinigung “Snap” gegen sechs prominente Kardinäle öffentlich Anzeige im Vatikan erstattet. Die Organisation warf ihnen vor, sexuellen Missbrauch von Priestern und Kirchenangestellten an Minderjährigen vertuscht oder nicht hinreichend verfolgt zu haben.
Genannt wurden der heutige Papst Leo XIV., damals noch Kardinal Robert Francis Prevost, sowie die Kardinäle Peter Erdö, Kevin Farrell, Victor Fernandez, Mario Grech und Luis Tagle. Snap steht für “Suvivors Network of those Abused by Priests” (Netzwerk von Überlebenden, die von Priestern missbraucht wurden). Die Organisation wurde 1989 in den USA gegründet.
Die Anzeigen waren an Kardinalstaatssekretär Parolin und die Leiter weiterer Behörden im Vatikan gerichtet. Nach Auffassung von Snap handelt es sich um Meldungen gemäß dem Papsterlass “Vos estis lux mundi” (Ihr seid das Licht der Welt) vom 25. März 2023.
Laut diesem Gesetz kann “jeder” im Vatikan Anzeige erstatten, der Kenntnisse über Straftaten im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch durch Kleriker erhält. Strafbar im Sinne dieses Gesetzes sind auch Handlungen oder Unterlassungen, die bei Missbrauchsvorwürfen “darauf gerichtet sind, die zivilen oder kirchenrechtlichen Untersuchungen (…) strafrechtlicher Natur (…) zu beeinflussen oder zu umgehen”.
In der Anzeige berief sich Snap überwiegend auf Medienberichte. In diesen wird dargelegt, dass die genannten Kardinäle in ihrer Zeit als Bistumsleiter Vorwürfen gegen Priester und Kirchenmitarbeiter nicht zügig oder umfassend genug nachgegangen seien oder die mutmaßlichen Täter nicht hart genug bestraft hätten.