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Jugendliche in Europa nutzen weniger Kondome – riskanter Trend

Alarmierende Zahlen: Weniger Jugendliche in Europa nutzen beim Sex Kondome. Ein Drittel verhütet laut WHO gar nicht. Damit steigt das Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten und ungewollte Schwangerschaften.

Ein erheblicher Anteil der sexuell aktiven 15-Jährigen in Europa hat ungeschützten Sex. Das ist das Ergebnis einer am Donnerstag in Kopenhagen veröffentlichten Studie des Regionalbüros für Europa der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Demnach sank die Zahl der Jugendlichen, die angeben, beim letzten Geschlechtsverkehr ein Kondom benutzt zu haben, in den Jahren von 2014 bis 2022 signifikant: bei Jungen von 70 auf 61 Prozent, bei Mädchen von 63 auf 57 Prozent. Etwa ein Drittel der Jugendlichen (30 Prozent) gab an, zuletzt weder Kondom noch die Pille genutzt zu haben.

Die WHO warnt vor weitreichenden Folgen für junge Menschen und verweist auf ungewollte Schwangerschaften, unsichere Abtreibungen und ein erhöhtes Risiko, sich mit sexuell übertragbaren Krankheiten zu infizieren.

Die rückläufige Nutzung von Kondomen sei auf erhebliche Lücken in der Sexualerziehung zurückzuführen, einschließlich mangelnder Aufklärung über sexuelle Gesundheit und den Zugang zu Verhütungsmethoden, heißt es. Die Ergebnisse des Berichts seien “bestürzend, aber nicht überraschend”, so der WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Henri Kluge. Eine altersgerechte Sexualaufklärung werde in vielen Ländern vernachlässigt. Häufig gehe man davon aus, dass Aufklärung Jugendliche zum Sex ermutige; die Wahrheit sei, dass die Ausstattung junger Menschen mit dem richtigen Wissen zum richtigen Zeitpunkt ein verantwortungsvolles Verhalten fördere.

Eine umfassende Sexualerziehung sei der Schlüssel, um junge Menschen zu befähigen, in der sensiblen Phase zwischen Jugend und Erwachsenenalter fundierte Entscheidungen über Sex zu treffen, so der Hauptautor des Berichts, Andras Költo. Aufklärung müsse jedoch mehr sein als die Bereitstellung von Informationen. “Junge Menschen brauchen sichere Räume, um über Themen wie Einverständnis, intime Beziehungen, Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung zu diskutieren.”

Die WHO appelliert an die politischen Entscheider, Pädagogen und Gesundheitsdienstleister, der sexuellen Gesundheit von Jugendlichen Priorität einzuräumen. Nötig seien Investitionen in eine Sexualerziehung, die ein breites Spektrum an Themen abdecke, darunter Verhütung, Geschlechtskrankheiten, gesunde Beziehungen, Gleichstellung und LGBTQ-Themen. Zudem müsse sichergestellt werden, dass Jugendliche Zugang zu vertraulichen und vorurteilsfreien Diensten für sexuelle Gesundheit hätten. Auch ein offener Dialog über sexuelle Gesundheit in Familien, Schulen und Gemeinden sei wichtig.

Für den Bericht wurden zwischen 2014 und 2022 in 42 Ländern und Regionen rund 242.000 Jugendliche im Alter von 15 Jahren befragt.