Ultra Fast Fashion ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Textil-Expertin Viola Wohlgemuth kritisiert einen wenig regulierten Textilmarkt und hofft auf neue Gesetze der EU.
Extrem kurzlebige Mode hat sich einer aktuellen Studie zufolge in Deutschland etabliert. Wie aus einer Erhebung der Boston Consulting Group hervorgeht, hat fast jeder zweite junge Mensch zwischen 18 und 29 Jahren (46 Prozent) schon mindestens einmal sogenannte Ultra Fast Fashion gekauft. Jeder fünfte interessiert sich demnach dafür. Ultra Fast Fashion bezeichnet Kleidung, die in kürzesten Produktionszyklen hergestellt und zu sehr niedrigen Preisen verkauft wird. Kritiker der umstrittenen Ultra Fast Fashion bezeichnen sie als “Wegwerf-Mode”. Zu den bekanntesten Anbietern zählen die chinesischen Firmen Shein und Temu.
Ältere Menschen interessieren sich der Untersuchung zufolge ebenfalls für Ultra Fast Fashion. So erklärte von den 40- bis 64-Jährigen rund jeder Vierte, schon einmal solche Kleidung gekauft zu haben. Trotz der Kauflust über alle Einkommensgruppen hinweg ist die Marktdurchdringung mit 4 Prozent in Deutschland dennoch vergleichsweise gering. In den USA kaufen laut Studie 12 Prozent der Menschen hauptsächlich Ultra Fast Fashion. Ausschlaggebend für den Kauf sind demnach der günstige Preis, die schnelle Verfügbarkeit und die große Auswahl.
Die Textil-Expertin Viola Wohlgemuth vom Bündnis “Exit Plastik” kritisiert Ultra Fast Fashion: “Es ist eine absolute Umweltkatastrophe, die hier stattfindet.” Allein die Masse, die produziert werde, sei ein “riesiges Ressourcenproblem”, so Wohlgemuth, die auch als politische Beraterin tätig ist. Der Textilmarkt sei zu wenig reguliert, moniert sie weiter. “Alles ändern”, werde ihr zufolge aber eine vor kurzem von der Europäischen Union verabschiedete Ökodesign-Verordnung.
Die Verordnung sieht unter anderem vor, dass in einem digitalen Produktpass etwa der Herstellungsprozess sowie die Recyclingeigenschaften eines Kleidungsstücks dokumentiert werden. Aktuell sei sehr viel Bewegung in der Gesetzgebung, berichtet Wohlgemuth. “Das wird Ultra Fast Fashion nicht abschaffen, aber es wird es ihr erschweren”, ist sich die Beraterin sicher.
Für die Studie der Boston Consulting Group hat das Beratungsunternehmen nach eigenen Angaben 10.000 Teilnehmer in zehn Ländern (Österreich, Deutschland, Schweiz, Polen, Ungarn, Frankreich, Italien, Tschechische Republik, USA und Spanien) im Januar 2024 befragt, darunter 1.000 in Deutschland.