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Ist irgendwer kein Jude?

Eine Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin pariert humorvoll gängige Fragen und Vorurteile.

Von Henson Stehling

„Wer ist eigentlich Jude?“, wurde Israels Staatspräsident David Ben-Gurion, 1886 in Kongresspolen als David Grün geboren, 1951 gefragt. „Jeder, der meschugge genug ist, sich so zu bezeichnen“, lautete seine Antwort. Wenige Jahre zuvor, 1935, wird Hermann Göring noch der Spruch zugeschrieben: „Wer bei mir Jude ist, bestimme ich!“ Aber wer bestimmt es denn nun wirklich, wer ist denn nun Jude? Das Jüdische Museum in der Lindenstraße in Berlin-Kreuzberg geht in einer unterhaltsamen Ausstellung dieser und noch 29 weiteren Fragen zu Juden, Israelis und Judentum nach.Sind Juden Israelis oder ist es umgekehrt? Darf man über den Holocaust Witze machen? Und sollte die Debatte nicht endlich ein Ende haben? Darf man gegen Beschneidung sein? Darf ein Jude zum Sabbat mit dem Auto in die Synagoge fahren? Wie feiern Juden Weihnachten? Warum mag keiner die Juden? Ist der Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein ein Scheinjude? Und Stichwort Schein: Warum sind Juden immer reich? Das Jüdische Museum hat aus Gästebucheinträgen, Kommentaren in Internetblogs und Besucherfragen eine Ausstellung gemacht. Versprochen wird nicht weniger als „Die ganze Wahrheit“. Endlich Antworten auf heiße Eisen! Filmbeiträge, Interviews, die weiterführen, oder ein Schaukasten voll koscherer Lebensmittel. Endlich Einblick, endlich Durchblick. Doch die Sache hat einen Haken. Einen Riesenhaken! Denn statt vor letztgültigen Antworten steht der Besucher nach jedem Objekt vor einem „nanu?“ und fast ebenso vielen neuen Fragen.

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