Warum bröckeln weltweit Demokratien? Internationale Expertinnen und Experten tagen dazu bei einem katholischen Stipendienwerk in Bonn. Warum Resilienz jetzt entscheidend ist.
Warum erodieren aktuell Demokratien weltweit? Mit dieser Frage beschäftigen sich aktuell internationale Expertinnen und Experten sowie Studierende aus aller Welt in Bonn. Wie der Katholische Akademische Ausländer-Dienst (KAAD) am Freitag mitteilte, soll die am Donnerstag eröffnete Jahrestagung noch bis Sonntag auf Spurensuche nach den Ursachen der Krise der Demokratie gehen und aus globaler Perspektive heraus Handlungsstrategien entwickeln.
Wenn, wie KAAD-Präsident Hans Langendörfer zu Beginn schilderte, “Ressentiments gegen ganze Menschengruppen bis hin zu Rassismus” auflebten und politisch einflussreich würden, sind nach seiner Überzeugung die Menschenwürde und die Partizipationsrechte in Gefahr. Hier erkennt Nora Kalbarczyk, Generalsekretärin des KAAD, eine herausgehobene Bedeutung von Bildung: “Bildung ist mehr als Wissensvermittlung – sie eröffnet Räume für Mitverantwortung, kritisches Denken und gemeinsame Orientierung.” Gerade im internationalen Netzwerk des KAAD werde sichtbar, wie vielfältig Demokratie gelernt, gelebt und gestaltet werden könne.
Wissenschaftlerin Tanja A. Börzel sieht gesellschaftliche Polarisierungen, autoritäre Mobilisierung und Machtverschiebungen als Ursache für die globalen Entwicklungen. Sie betonte die Bedeutung lernender Institutionen, die in der Lage sind, Krisen produktiv zu verarbeiten und demokratische Strukturen zu erneuern: “Demokratische Resilienz zeigt sich nicht in der Abwesenheit von Krisen, sondern in der Fähigkeit, mit tiefgreifenden Konflikten produktiv umzugehen.”
Die unter anderem in Argentinien forschende Juristin Ana María Bonet plädierte für plurale, lebensnahe und partizipativen Formen demokratischer Praxis. Ihre Analyse: “Die Unfähigkeit, den Anderen anzuerkennen, ist vielleicht die tiefere Krise der Demokratie.”
Der KAAD ist das Stipendienwerk der katholischen Kirche in Deutschland für Postgraduierte und Wissenschaftler aus Ländern Asiens, Afrikas, Lateinamerikas, des Nahen und Mittleren Ostens sowie Mittel- und Osteuropas. Hervorgegangen ist der KAAD aus einer Initiative des Katholikentags von Fulda 1954. Laut eigenen Angaben wurden inzwischen 10.500 Stipendiatinnen und Stipendiaten aus mehr als 70 Ländern gefördert.