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“Inklusion ist kein Kann-Projekt für wirtschaftlich gute Zeiten”

Gegen Kürzungen bei Investitionen für Barrierefreiheit und Inklusion haben der bayerische Behindertenbeauftragte und die Präsidentin des Sozialverbands VdK protestiert. Manche Entscheidungsträger würden beide Ziele „wieder öfter als Luxus und verzichtbare Schönwetterprojekte“ hinstellen, kritisierte Holger Kiesel, bayerischer Behindertenbeauftragter, in einer Mitteilung anlässlich des europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am Montag (5. Mai). Die Grundrechte von Menschen mit Behinderung seien aber „keine Sonderrechte, kein Kann-Projekt für wirtschaftlich gute Zeiten und auch keine Verfügungsmasse, die bedenkenlos gestrichen werden darf, wenn es mal gerade nicht so gut läuft“.

Auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, sagte, Barrierefreiheit und Teilhabe seien „kein Luxus, den man sich ab und an mal leistet, sondern ein Menschenrecht“. Der VdK fordere deshalb, dass private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit verpflichtet würden. „Erst dann können Menschen mit Behinderung selbstverständlich ins Kino oder Restaurant gehen, einkaufen oder sich eine passende Arztpraxis aussuchen“, sagte Bentele, die auch Landesvorsitzende des VdK Bayern ist, laut Mitteilung.

Außerdem dränge der VdK darauf, Barrierefreiheit als Grundsatz in das Baugesetz und in die Förderrichtlinien aufzunehmen. Das könne dem Bau barrierefreier Wohnungen, von denen bundesweit über drei Millionen fehlten, „einen großen Schub“ verleihen. Des Weiteren müssten Schwerbehindertenvertretungen in den Betrieben gestärkt werden, weil Menschen mit Behinderung trotz guter Qualifikation oft benachteiligt seien: „Ihre Arbeitslosenquote liegt über dem Durchschnitt, und sie sind zudem länger arbeitslos“, sagte Bentele.

Holger Kiesel bezeichnete Barrierefreiheit und Inklusion als Themen, die die ganze Gesellschaft beträfen. „Jede und jeder von uns – oder jemand, der uns nahe steht – kann von einer Sekunde auf die andere zu den gut zehn Prozent der Bevölkerung gehören, die zwingend auf Barrierefreiheit und Inklusion angewiesen sind“, mahnte der bayerische Beauftragte. Zudem seien in einer älter werdenden Gesellschaft immer mehr Menschen auf eine barrierefreie Umgebung angewiesen.

Laut VdK leben in Bayern mehr als 2,03 Millionen Menschen (Stand: 2024) mit einer Behinderung, davon sind über 1,25 Millionen Menschen schwerbehindert. Jede elfte Person im Freistaat sei somit von einer Schwerbehinderung betroffen. Das ursprüngliche Ziel der Staatsregierung, den öffentlichen Raum und Nahverkehr bis 2023 barrierefrei zu machen, sei „gescheitert“, heißt es auf der Homepage des Sozialverbands. Auch auf dem Arbeitsmarkt gebe es „noch einiges zu tun“: 26,5 Prozent aller Arbeitgeber in Bayern beschäftigen demnach keinen Mitarbeiter mit Schwerbehinderung. (1505/05.05.2025)