Artikel teilen

Hungerstreik für Klimaschutz im Berliner Regierungsviertel

Der Spreebogenpark gegenüber dem Kanzleramt in Berlin ist seit Montag Schauplatz eines Hungerstreiks. Zwei Ingenieure fordern von der Bundesregierung eine radikale Kehrtwende in der Klimapolitik.

Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick steht mit einer Schlinge um den Hals auf einem schmelzenden Eisblock im Berliner Regierungsviertel
Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick steht mit einer Schlinge um den Hals auf einem schmelzenden Eisblock im Berliner RegierungsviertelImago / Olaf Schuelke

Unter dem Slogan „Hungern bis ihr ehrlich seid“ sind zwei Klimaaktivisten im Berliner Regierungsviertel in den Hungerstreik getreten. Die 57 und 49 Jahre alten Ingenieure fordern von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) „Ehrlichkeit“ beim Thema Klimakatastrophe und von der Bundesregierung ein radikales Umsteuern in der Klimapolitik. „Wir erwarten, dass die Bundesregierung die Klimawissenschaft ernst nimmt“, erklärten die beiden Männer in Berlin zum Start eines Protestcamps gegenüber dem Bundeskanzleramt.

Der 49-jährige Wolfgang Metzeler-Kick hungert nach eigenen Angaben bereits seit dem 7. März. Der 57-jährige Richard Cluse hat am Sonntag beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingelegt und ist seit Montag ebenfalls im Hungerstreik. Beide nehmen nur Flüssigkeiten zu sich. Am 24. März 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Klimaschutzmaßnahmen der damaligen Bundesregierung nicht ausreichend sind. „Seit drei Jahren gibt es den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichtes und es tut sich nichts“, kritisierte Cluse.

Klimaaktivisten zuletzt bei der „Letzten Generation“ aktiv

Vom Bundeskanzler fordern sie eine Regierungserklärung, in der Scholz anerkennt, dass der Fortbestand der menschlichen Zivilisation durch die Klimakatastrophe extrem gefährdet sei und dass der CO2-Gehalt in der Luft bereits viel zu hoch sei, wie es zuletzt auch der Weltklimarat bestätigt habe. Deswegen müsse Deutschland, wenn auch mit Jahren Verspätung, radikal umsteuern.

Beide sind nach eigenen Angaben seit Jahren in der Klimabewegung aktiv, zuletzt bei der „Letzten Generation“. „Die bisherigen Protestformen haben nicht gewirkt“, sagte Cluse, der jahrelang als Energieberater für die Industrie gearbeitet hat. 2022 habe er sich der „Letzten Generation“ angeschlossen und nach Blockadeaktionen sechs Tage in einer Justizvollzugsanstalt eingesessen: „Deswegen gehen wir jetzt einen neuen Weg: nicht konfrontativ, aber mit einem hohen persönlichen Einsatz.“

Für Gespräche mit Politikern, Abgeordneten oder Ministern offen

Metzeler-Kick kritisierte, den Menschen werde vorgegaukelt, dass die Regierung alles im Griff habe. „Wir Ingenieure und Techniker können die Menschheit aber nicht mehr retten“, sagte er. Es helfe nur noch eine „radikale Kehrtwende“. Alles andere sei „Verdrängung“. Auch der 49-Jährige hat in der Vergangenheit Straßen blockiert, sich festgekettet oder den bayerischen Landtag mit Farbkugeln beworfen. Der Hungerstreik sei „sein letzter Kampf mit friedlichen Mitteln“, sagte er.

Beide betonten, sie seien jederzeit für Gespräche mit Politikern, Abgeordneten oder Ministern offen. Am 7. März hätten sie ihre Forderungen in einem Brief an den Bundeskanzler formuliert. Eine Reaktion aus dem Kanzleramt habe es aber bislang nicht gegeben.

Unterstützt werden sie vor Ort nach eigenen Angaben von etwa 20 Menschen, die sich in der Klimaschutzinitiative „Hungern bis ihr ehrlich seid“ zusammengeschlossen haben. Sie organisieren in dem Camp ein tägliches Programm zu Klimathemen. Auch 18 Ortsgruppen von „Parents for Future“ stellen sich hinter die Forderungen und bitten in einem am Montag verbreiteten offenen Brief an den Bundespräsidenten, dass Frank-Walter Steinmeier moderierend eingreift.