Die Überschwemmungen in Bayern haben vieles zerstört und manches Leben gekostet. Sie haben aber auch Menschen zusammengeschweißt, die sich sonst womöglich nie begegnet wären.
Aus der Not eine Tugend gemacht hat ein Caritas-Altenheim im bayerischen Hochwassergebiet. Weil wegen des Fachkräftemangels derzeit 25 Betten nicht belegt sind, konnte das Haus andere Hilfsbedürftige aufnehmen, die wegen eines drohenden Dammbruchs evakuiert werden mussten: Für drei Tage diente das Heim als Quartier für elf schwerstbehinderte junge Erwachsene. Das teilte der Caritasverband für die Diözese Regensburg am Mittwoch mit.
“In einer Katastrophe hilft nur eines: Zusammenhalt”, sagte die Leiterin des Alten- und Pflegeheims Sankt Emmeram in Geisenfeld, Tanja Wocheslander. Geisenfeld liegt im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm, der von den Überschwemmungen am Wochenende besonders hart getroffen worden war.
Am Samstagabend entschied sich der Katastrophenschutz kurzfristig, ein Wohnheim für Menschen mit Behinderung im elf Kilometer entfernten Hollerhof in Münchsmünster zu räumen. Knapp die Hälfte der 23 Bewohner konnte im Geisenfelder Pflegeheim unterkommen. “Wir haben keine Sekunde gezögert”, berichtete Wocheslander.
“Es war ein unfassbar herzliches Willkommen. Unser Glück im Unglück”, sagte Lisa-Marie Michel von der Leitung des Hollerhofs. Viele ihrer geistig und körperlich schwerstbehinderten Klientinnen und Klienten hätten gedanklich nicht erfassen können, was passiert sei. “Aber die Herzlichkeit spürten sie, auf diesen Kanälen sind sie sehr empfänglich.” Und weil sie eine Eins-zu-Eins-Betreuung brauchen, wurden ihre Betreuerinnen und Betreuer gleich mit aufgenommen in Geisenfeld.
Am Dienstagnachmittag konnten die jungen Erwachsenen der Mitteilung zufolge wieder in ihr Wohnheim zurückkehren. Der Hollerhof war vom Hochwasser verschont worden. “Das waren drei Tage, in denen wir alle voneinander lernten”, bilanzierte Wocheslander.
Die Verbindung zwischen den beiden Einrichtungen soll weiterbestehen, hieß es. “Im Sommer werden die Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims den Hollerhof besuchen, Alpakas streicheln, Eis schlecken, sich wiedersehen.”