Wiesbaden (epd). Dem hessischen Wald geht es trotz des Regens der vergangenen Monate weiterhin schlecht. Der Anteil starker Schäden liege 2024 bei 9,4 Prozent, und die Jahre 2019 bis 2024 wiesen überdurchschnittliche Werte auf, teilte das hessische Umweltministerium in Wiesbaden am Mittwoch mit. Für den Waldzustandsbericht waren die Daten von 4.000 Bäumen erhoben worden.
Das Vegetationsjahr 2023/2024 (Oktober 2023 bis September 2024) sei mit einer Durchschnittstemperatur von 11 Grad das wärmste Jahr seit Beginn der Auswertungen 1961 gewesen, die Niederschlagsmenge habe im Flächenmittel in Hessen 1.008 Millimeter betragen und damit rund 30 Prozent mehr als im langjährigen Durchschnitt.
Die sogenannte mittlere Kronenverlichtung aller Baumarten und Altersstufen habe sich dennoch nur geringfügig verbessert und liege bei 28 Prozent (2023: 29 Prozent). Dies sei einer der höchsten Werte seit 1984. Bei den jüngeren Bäumen sei die Verlichtung innerhalb eines Jahres von 18 auf 16 Prozent gesunken. Gesunde Bäume mit dichten Kronen habe eine geringe Kronenverlichtung. Abgestorben sind laut Mitteilung rund ein Prozent aller Bäume, das ist ein leichter Rückgang gegenüber 2023, als 1,4 Prozent aller Bäume abgestorben sind.
Die Folgen von Hitze und Trockenheit setzten dem Wald weiterhin zu, ebenso Schäden durch Käfer und Pilze, sagte der hessische Umweltminister Ingmar Jung (CDU), der den Waldzustandsbericht im Forstamt Wiesbaden-Chausseehaus vorstellte. „Die Wetterextreme der vergangenen Jahre schwächen und verändern unseren Wald in rasantem Tempo“, sagte Jung laut Mitteilung. Die Wiederbewaldung der großen Schadflächen und der Aufbau klimaresilienter Wälder in Hessen werden deshalb mit geeigneten Baumarten „konsequent fortgeführt“, sagte Jung.
Aufgrund der prognostizierten Klimaveränderungen seien Wildobstarten wie Wildbirne, Wildapfel, Vogelkirsche, Elsbeere und Speierling interessant, heißt es im Waldzustandsbericht 2024. Diese Baumarten aus der Familie der Rosengewächse „weisen eine vergleichsweise hohe Trockenheits- und Hitzetoleranz auf und tragen gleichzeitig zu einer Erhöhung der Biodiversität“ der Wälder bei. Der steigenden Nachfrage an hochwertigem Vermehrungsgut stünden jedoch zum Teil „große Herausforderungen bei der Saatgutbeschaffung gegenüber“.
Der Naturschutzbund Hessen forderte als Reaktion die Ausweisung von mehr Naturwäldern ohne forstliche Nutzung. Ohne Bodenverdichtung durch schwere Fahrzeuge könne der Boden mehr Wasser speichern und die wichtigen Bodenpilze besser wachsen. Das Ansammeln von Totholz und Humus erhöhe ebenfalls die Wasserspeicherung. In den Forstwäldern sollten nur einzelne Bäume und nicht ganze Lichtungen geschlagen werden, um das Kronendach zu erhalten und den Wald vor Austrocknung zu schützen. Bei Neupflanzungen sollten standortheimische Baumarten bevorzugt werden und keine Reinbestände aus Douglasien oder Roteiche gepflanzt werden, empfehlen die Naturschützer.