Die Münchner Historikerin Hedwig Richter sieht in einer zunehmenden Naturzerstörung auch eine Gefahr für Demokratien. „Wenn eine Naturkatastrophe die nächste jagt, dann verordnet wahrscheinlich sehr oft nicht mehr das Parlament die Gesetze, sondern dann sind die Gesellschaften auf Notstandsverordnungen angewiesen“, sagte sie am Dienstagabend zum Jahresempfangs der braunschweigischen Landeskirche im Braunschweiger Dom.
Eine wachsende Ungleichheit könne so zu einer Frage von Leben und Tod werden, zwischen denen, die sich etwa eine Klimaanlage leisten könnten, und den mittlerweile Zehntausenden Hitzetoten in Europa, mahnte die Professorin für Neuere und Neueste Geschichte der Universität der Bundeswehr in München. Demokratien lebten von einer funktionierenden, halbwegs heilen Ökologie und einem gewissen Wohlstand. „Die Demokratie, wie wir sie kennen, wurde auf Eigentumsvorstellungen erbaut, die die Natur zerstört haben.“
Insbesondere christliche Länder hätten mit der Industrialisierung begonnen, Tiere zum Produkt zu degradieren und sie in Massentierhaltungen zu quälen, die Meere zu vermüllen und den CO2-Ausstoß gestartet, kritisierte Richter. „Die Geschichte der Demokratie kann geradezu als Geschichte der Naturzerstörung erzählt werden.“ In der Zeit des Wirtschaftswunders nach 1945 sei eine zerstörerische Lebensweise durch Tourismus, Plastikverbrauch, Fast Food und Fleischverzehr in die Höhe geschnellt.
Die Herrschaft über die Natur und besonders über die Tierwelt ergebe sich aus einer langen theologischen Tradition zur Menschenwürde, sagte Richter. Die Kirchen hätten sich auch eine positive Einstellung zur globalen Menschenwürde erst mühsam erarbeiten müssen. „Die christliche Theologie hat lange Zeit die Unwürdigkeit des Menschen betont.“ Richter forderte daher ein Umdenken: „Unsere Form der Demokratie ergibt nur Sinn, wenn die Menschenwürde für alle gilt.“ Auch die Natur benötige diesen universalen Anspruch: „Sie geht uns alle an.“ (1687/21.05.2025)