Der Vorsitzende der GEW Hessen, Thilo Hartmann, ist davon enttäuscht, dass sich die neue hessische Landesregierung aus CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag auf das bisher bekannte Schulsystem mit Gymnasien, Haupt- und Realschulen festgelegt hat. Etwa mit Blick auf die Pisa-Studie sei zu sehen, dass bestimmte Schüler nicht gut erreicht würden. Anstatt Neues im Bereich der Schulstruktur von vornherein auszuschließen, sollte es Schulen ermöglicht werden, „eigene Wege zu finden, die vielleicht für ihre Schülerschaft genau die richtigen sein könnten“, sagte Hartmann anlässlich des Starts der schwarz-roten Koalition dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Im Koalitionsvertrag heißt es dazu, dass das Schulsystem „in seiner historisch gewachsenen Vielfalt“ bewahrt und keine Systemdebatten geführt werden sollen. Zugleich werde die neue Landesregierung es den Schulgemeinden ermöglichen, die Selbstständigkeit der Schulen weiterzuentwickeln.
Wie Hartmann weiter ausführte, würden Ausbildungsbetriebe an die GEW Hessen rückmelden, dass junge Menschen, die aus der Schule kommen, zunehmend weniger ausbildungsfähig seien. „Hier müssen wir in der Grundbildung ansetzen“, sagte der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft. Wenn sich bei der schulischen Ausbildung „etwa durch Unterrichtsausfälle und nicht ausgebildete Lehrkräfte Lücken auftun“, werde es für Schülerinnen und Schüler schwerer, weitere Ausbildungswege zu bestreiten. Ausschlaggebend sei hier der Personalmangel.
„Wir bewegen uns momentan im Bereich von 12.000 fehlenden Lehrkräften“, sagte Hartmann. Würden jetzt keine Maßnahmen dagegen ergriffen, könne sich diese Zahl in den kommenden sechs Jahren, beispielsweise durch Pensionierungen, verdoppeln. Hinzu komme, dass ein Viertel aller Grundschullehrkräfte kein abgeschlossenes Lehramtsstudium hätten, sondern Aushilfskräfte seien, sagte Hartmann. „Es ist dringend Zeit, dass gehandelt wird.“
Auch der Vorsitzende des Landeselternbeirats in Hessen, Wolfgang Stock, bestätigte: „Durch alle Schulformen und quer durch alle Jahrgänge hinweg, fällt sehr viel Unterricht aus.“ Es sei enorm wichtig, dass wesentlich mehr Lehrer eingestellt würden.
Hartmann und Stock bescheinigten den hessischen Schulen außerdem einen Investitionsstau und begrüßten deshalb, dass die neue Landesregierung laut Koalitionsvertrag hier anpacken möchte. „Gerade in Ballungszentren haben wir sehr begrenzte Räumlichkeiten, das muss dringend verbessert werden“, sagte Hartmann. Stock betonte, dass auch ein Blick auf stabile Internetverbindungen, digitale Endgeräte und Schulmöbel wie Tische und Stühle gerichtet werden müsse.