Der Herbst wird unterschätzt, mit weitreichenden Folgen. Stimmen viele jetzt wieder in das alljährliche Klagen über Stimmungstiefs, Vitamin-D-Mangel und bleierne Müdigkeit ein, verpassen sie dabei glatt, welch wunderbare Jahreszeit sich da ankündigt. Nach dem umtriebigen Sommer nämlich, der einem stets abverlangt, etwas unternehmen zu müssen, kommt jetzt der Herbst, der uns etwas Ruhe gönnt.
Die letzten Sommertage im September, die treiben das Stresslevel nochmal so richtig auf die Spitze: Der letzte Besuch in der Eisdiele oder doch ins Lieblings-Restaurant, weil man da so schön auf der Terrasse sitzt? Ein Picknick im Park wäre aber auch möglich, jetzt, wo es noch nicht ganz so früh dunkel wird. Vielleicht hat ja das Freibad noch offen. Das muss doch ausgenutzt werden. Die Optionen überschlagen sich und wer die Qual der Wahl hat, ist auch schnell überfordert.
Ganz anders im Herbst. Wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen fallen, nehmen viele den Turbo raus und es stellt sich eine Geschwindigkeit ein, bei der auch die Gemütlichen wieder mitkommen. Kino oder Couch, basteln oder backen, spielen oder stricken. Das überschaubare Freizeitangebot im letzten Jahresdrittel überführt schnell in eine angenehme Behaglichkeit, die sich wie ein warmer Pullover anschmiegt.
Wenn es draußen kalt und drinnen gemütlich ist
Die Dänen nennen das „Hygge“. Wenn es draußen überwiegend dunkel, nass und kalt ist, sitzt man gemeinsam mit Freunden oder der Familie am Tisch, isst und redet oder spielt und handwerkelt. Oder man liest, gemütlich auf einen Sessel gelümmelt und mit einer Tasse frisch gekochtem Tee, ein Buch.
Der Herbst ist Entschleunigung pur und vielleicht sind die Dänen, gemeinsam mit den Finnen und den Isländern, gerade wegen der Gemütlichkeit der dunklen Jahreszeit die drei glücklichsten Nationen der Welt. Vielleicht liegt es aber auch an einem warmen Zuhause, das einem Geborgenheit schenkt und in dem man sich sicher und wohlig fühlt.
Wie auch bei Gott etwa. Im Psalm 27,1 heißt es: „Von David. Der Herr ist mein Licht, er rettet mich. Vor wem sollte ich mich noch fürchten? Bei ihm bin ich geborgen, wie in einer Burg. Vor wem sollte ich noch zittern und zagen?“
Zur Ruhe kommen und die Geschwindigkeit einfach mal drosseln
So oder so: In der heutigen Zeit, schnelllebig, umtriebig und voller Optionen, tut es gut, zur Ruhe zu kommen und die Geschwindigkeit, egal ob im Job oder privat, zu drosseln. Wenn nicht von ganz allein, dann durch die vermutlich schönste und erhabenste Jahreszeit, die der Kalender zu bieten hat: den Herbst!