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Hass im Netz ist leicht zu teilen

Hassbotschaften und herabwürdigende Bilder verschärfen die Diskussion im Netz und verstärken das Gemeinschaftsgefühl der entsprechenden Gruppierungen

pathdoc - Fotolia

FRANKFURT AM MAIN – Hass im Netz ist nach Einschätzung von Medienwissenschaftlern kein neues Phänomen. Hassbotschaften habe es von Beginn der Internetkommunikation an gegeben, sagte die Bonner Medienwissenschaftlerin Caja Thimm bei den Frankfurter Mediengesprächen der Friedrich-Ebert-Stiftung. Mit der Ausbreitung der Sozialen Netze sei es aber leichter geworden, ihn zu teilen, was häufig zu einer Eskalation führe.
Hass und Hetze im Netz würden visuell verstärkt, sagte Thimm. Die Veränderung werde für eine „Verkürzung der Botschaft“ genutzt. So habe eine Frau, die sich selbst als bekennende Rassistin bezeichnet, auf ihrer Facebook-Seite ein Bild des Konzentrationslagers Auschwitz gezeigt. Den Schriftzug „Arbeit macht frei“ hat sie ersetzt durch das Wort „Asylantenheim“ und darüber geschrieben: „Wir haben wieder geöffnet“. Ebenfalls auf Facebook wurde ein Bild gezeigt, auf dem sich Flüchtlinge auf der Balkanroute an Gleisen festklammern. Darunter fordert der Nutzer dazu auf, die Menschen einfach zu überfahren.
Hassreden dienten der „Herabsetzung und Verunglimpfung von Bevölkerungsgruppen“, sagte die Wissenschaftlerin. Elemente seien Gleichsetzungen, etwa von Juden und Israel, aber auch Verschwörungstheorien und Diskriminierung, die als normal verstanden werde. Durch die Algorithmen, personalisierte Filter, mit denen etwa Facebook und Google entscheiden, wer welche Informationen angezeigt bekommt, komme es zu einer Konzentration auf die eigene soziale Gruppe. Dies wiederum führe „zu einem intensiven Gruppengefühl“, sagte Thimm.
Dem Gemeinschaftsgefühl diene auch die Konstruktion des Bildes von der „Lügenpresse“, in dem es die Öffentlichkeit zum Feind mache. Unterstützungskommentare unter Hassnachrichten, wie sie etwa die Verantwortlichen der Pegida-Seite bei Facebook formulierten, führten ebenfalls zu einer Verstärkung des Gemeinschaftsgefühls.
Als mögliche Gegenstrategien gegen Hassrede im Internet nannte Thimm die Möglichkeiten, einen Beitrag zu ignorieren, ihn zu moderieren, mit dem Schreiber zu diskutieren oder ihn zu ironisieren. Vereinzelt sei es wegen Hassnachrichten im Netz auch schon zu beruflichen Sanktionen gekommen, etwa wenn Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gekündigt haben.
Die Befürchtung, dass Hassrede auch von physischer Gewalt begleitet werden könne, müsse angesichts der steigenden Zahl von Angriffen etwa auf Flüchtlingsunterkünfte ernst genommen werden, sagte Thimm. epd