Viele gute Vorsätze vom Jahreswechsel sind inzwischen an der Wirklichkeit zerschellt. Daran erinnert der “Wirf-Deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag” am Freitag. Ein paar Tipps helfen, trotzdem voranzukommen.
“Der gute Vorsatz ist ein Gaul, der oft gesattelt, aber selten geritten wird.” Sprichwörter, die das geringe Mindesthaltbarkeitsdatum von guten Vorsätzen auf’s Korn nehmen, gibt es einige. Und sogar ein Gedenktag setzt sich mit dem Phänomen auseinander, dass Menschen schnell in alte Gewohnheiten zurückfallen: Am Freitag wird, glaubt man der Website kuriose-feiertage.de, der “Wirf-Deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag” begangen.
Das Ende der Euphorie: Das neue Jahr ist erst 16 Tage alt und schon wird es ernst. Am 31. Dezember waren noch alle hoch motiviert und haben eine Liste mit fantastischen Vorsätzen für 2025 gemacht. Doch schon ist es Zeit, sich ehrlich zu machen: Fleisch, Alkohol und Süßigkeiten schmecken noch genau so gut. Und Sport und Bewegung kosten noch genau so viel Überwindung wie vor dem Jahreswechsel. “Das Gehirn ist faul, es vermeidet Anstrengung um jeden Preis und verbleibt gern in alten Gewohnheiten”, sagt die Kölner Verhaltenstherapeutin Claudia Hesse. Auch deshalb scheiterten so viele Menschen mit ihren guten Vorsätzen.
Zugegeben: Der Januar entwickelt sich zur neuen Fastenzeit, der viele Bundesbürger mehr abgewinnen können als der traditionellen, christlich begründeten Fastenzeit vor Ostern. “Dry January” und “Veganuary” liegen – zumindest in den sozialen Netzwerken – stark im Trend. Das Internetportal statista berichtete vor wenigen Tagen, dass der Verkauf von Fleisch, Alkohol und Süßigkeiten im Januar 2024 eingebrochen sei – nicht nur im Vergleich zum starken Konsummonat Dezember, sondern auch zum Januar 2023.
2019 hat das Statistikportal in einer Umfrage auch ermittelt, wie lang gute Vorsätze Bestand haben: Bei 27 Prozent der Befragten halten sie immerhin mehr als zwei Monate. Bei 36 Prozent sind sie nur von einem Tag bis hin zu einem Monat wichtig. Laut einer im Dezember veröffentlichten Umfrage der Krankenkasse DAK-Gesundheit sagten immerhin 61 Prozent der Befragten, ihre guten Vorsätze hätten 2024 länger als drei Monate Bestand.
Trotz aller Unbeständigkeit: Meinungsforscher und Krankenkassen lassen es sich nicht nehmen, zu jedem Jahreswechsel aufs Neue danach zu fragen. Der größte Wunsch der Deutschen für 2025 war, so die DAK-Gesundheit, weniger Stress. 68 Prozent gaben dies – in Zeiten globaler Krisen – an – der höchste Zustimmungswert seit 14 Jahren. Mehr Zeit für Familie und Freunde möchten sich auf Rang zwei 64 Prozent der Menschen nehmen. Platz drei belegt das Vorhaben, sich mehr zu bewegen und Sport zu treiben (61 Prozent). Gesündere Ernährung nannten 56 Prozent, Gewichtsabnahme 34 Prozent. Den höchsten Wert seit 10 Jahren erhielt der Vorsatz, die Medienzeit zu reduzieren. 34 Prozent gaben an, 2025 weniger Zeit mit dem Handy oder PC verbringen zu wollen.
Gibt es Tricks, eingefahrene Pfade trotz aller Widerstände zu ändern? “No fun, no change” – nur wer Spaß und Erfolgserlebnisse hat, wird sein Verhalten dauerhaft umstellen, argumentiert beispielsweise der Berliner Hirnforscher Henrik Walter. Änderungen der Lebensweise würden fälschlicherweise zumeist als Verzicht, Selbstkasteiung oder unangenehme Anstrengung erlebt, beobachtet der Leiter des Fachbereichs “Mind and Brain” an der Berliner Charite. Das erschwere neue und gesündere Verhaltensweisen und Einstellungen. Das Ganze müsse auch Spaß machen und selbstbelohnend sein. “Wenn gesundes Essen nicht schmeckt, wird gesunde Ernährung nicht funktionieren”, erklärt Walter.
Die Verhaltenstherapeutin und Sportpsychologin Hesse hat noch einen anderen Tipp: Statt allgemeiner guter Vorsätze sollte man sich lieber konkrete Ziele setzen und einen Plan für die ersten Schritte entwickeln, sagte sie dem WDR. Morgens im Büro die Treppe statt des Aufzugs nehmen, oder zum Nachtisch ein leckeres Obst statt Schokolade essen, rät sie. Eine Liste zum Abhaken könne dann Belohungsgefühle wecken. Am Anfang nicht zu viel Euphorie und nicht zu viel vornehmen: Sonst geht schnell die Puste aus, rät die Psychologin. Die entscheidende Frage laute: “Was ist das Maß, das ich über einen längeren Zeitraum durchhalten kann?”