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La Granja: Grüne Gartenkunst im trockenen Herzland Spaniens

Spanien stöhnt diesen Sommer unter großer Hitze. Trotzdem wollen 18.000 Hektar Grünflächen des Nationalerbes bewässert sein: ein Streifzug durch das kastilische Herzland von La Granja.

Grüne Kunst in den Anlagen der Königsburg von Alcázar in Segovia in der zentralspanischen Region Kastilien und León
Grüne Kunst in den Anlagen der Königsburg von Alcázar in Segovia in der zentralspanischen Region Kastilien und Leónepd-bild / Dorothee Baer-Bogenschütz

Imposante Brunnen, Fontänen, geometrisch angelegte große sattgrüne Rasenflächen, gesäumt von üppigen Blumenbeeten: Die Provinz Segovia lockt mit königlicher Wasserkunst und insgesamt 26 Brunnenanlagen in die Gärten von La Granja, einer ehemaligen Sommerresidenz der spanischen Könige mit einem der größten Schlossparks Spaniens.

Er ist prominenter Teil des Nationalerbes, auf Spanisch „Patrimonio Nacional“. Dazu gehören Stätten, die die Krone einst abgetreten hat, wie Paläste und zahlreiche weitläufige Gärten und Parks – insgesamt mehr als 18.000 Hektar. Auf La Granja liegt in diesem Jahr ein besonderer Fokus, denn die Anlage wird 300 Jahre alt. Nilo Fernández, Nationalerbe-Beauftragter für La Granja, nennt sie „das beste spanische Beispiel für einen formellen Garten im französischen Stil“.

Grüne Gartenkunst braucht viel Wasser

Grüne Gartenkunstwerke wie sie aber brauchen vor allem eines: Wasser. Und das wird in Spanien zunehmend zum knappen Gut. Die vergangenen Jahre herrschte vielfach Dürre, 2023 war das trockenste Jahr seit langem. In diesem Frühjahr hat es zwar gut geregnet, im Sommer aber stöhnen etliche Regionen unter einer selbst für Spanien ungewöhnlichen Hitze.

Derzeit eher wasserarm: die Brunnen in den Gartenanlagen des Königspalasts von La Granja de San Ildefonso in der Provinz Segovia
Derzeit eher wasserarm: die Brunnen in den Gartenanlagen des Königspalasts von La Granja de San Ildefonso in der Provinz Segoviaepd-bild / Dorothee Baer-Bogenschütz

Die Region Kastilien und Léon, zu der Segovia gehört, besteht zu weiten Teilen aus einer Hochebene. Im Sommer ist es dort heiß und niederschlagsarm. Dazu, wie viel Bewässerung La Granja benötigt, gibt es keine offiziellen Angaben. Aber ab September 2024 sollen neue Geräte erstmals belastbare Messungen erlauben. Wasserbedarf und -schutz seien „Schlüsselkriterien für die Bepflanzung“, betont Fernández.

La Granja verfügt zwar über ausreichend Zugang zu Grundwasser, vier Bäche fließen hier. Die legendären Wasserspektakel sind dennoch selten zu sehen, die Kaskaden und bis zu 40 Meter hohen Fontänen muss man sich zumeist ausmalen: Wasserbecken sind infolge Wassermangels leer, Bäume erkrankt. Bislang mussten aber weder Pflanzen entfernt oder ausgetauscht, noch Wasserspiele dauerhaft stillgelegt werden. Der drohenden Wasserknappheit sei man sich seit etwa 2006 bewusst, sagte Fernández dem epd.

Bewässerung ist eine große Herausforderung

Insgesamt bilden nach Angaben der Pressestelle 19 königliche Paläste, Klöster und Landhäuser das grüne „Patrimonio Nacional“. Am meisten Wasser verbrauchen die Gärten von Aranjuez nahe Madrid. Im Sommer werden einzelne Vegetationsbereiche in Zyklen von 7 oder 15 Tagen bewässert, je nach Wetterlage. Die Pflege der historischen Anlage lasse sich nur schwer an neue Technologien anpassen, sagt Fernandéz. Man nehme jedoch die Herausforderung an, gewöhne „Flächen und Pflanzentypologie“ an effizientere Bewässerung.

Trocken und ländlich: der Stadtrand von Segovia in der zentralspanischen Region Kastilien und León
Trocken und ländlich: der Stadtrand von Segovia in der zentralspanischen Region Kastilien und Leónepd-bild / Dorothee Baer-Bogenschütz

Dass Wassermanagement in Spaniens trockenem kastilischen Herzland wichtig ist, wussten vor rund 2.000 Jahren schon die Römer. Das teilweise zweistöckige römische Aquädukt in Segovia, im ersten Jahrhundert n. Chr. aus Granitblöcken gefügt, ist eine Meisterleitung der Ingenieurskunst – und heute Weltkulturerbe, dessen Dimensionen die Menschen von Straßencafés aus bestaunen. Mehr als 700 Meter ist das Monument lang, erreicht eine Höhe von 29 Metern.

Auf der Terrasse der Königsburg Alcázar, am anderen Ende der Stadt errichtet auf steilem Fels mit Panoramablick auf den Zusammenfluss von Eresma und Clamores, überrascht eine historische Regenwasserzisterne. „Der Plan B für den Fall, dass Feinde das Aquädukt blockiert hätten“, erklärt Stadtführer David.

Stauseen haben nur geringen Wasserstand

Wesentlich für die ausgeklügelte Wasserversorgung der Gegend sind heute Stauseen. In diesem Jahr sind sie in Kastilien und Léon eigentlich gut gefüllt, aber Ende Juli begann ihr Wasserstand stark zu sinken. Oft wirken deren Wasserspiegel wie eine Fata Morgana, etwas Unwirkliches haftet den in karge Landschaft gebauten Reservoirs an.

In der Nähe des Stausees von Burgomillodo erleben Kanuten und Wanderer hingegen noch eine Landschaft, die Natur und Wasser selbst geschaffen haben: den Canyon des Flusses Duratón. Er zählt zu den letzten europäischen Refugien des Gänsegeiers, in bis zu 100 Meter hohe Felswände modellieren die Vögel ihre Nester.

Wesentlich für die ausgeklügelte Wasserversorgung von Kastilien und Leon sind heute Stauseen
Wesentlich für die ausgeklügelte Wasserversorgung von Kastilien und Leon sind heute Stauseenepd-bild / Dorothee Baer-Bogenschütz

Und dann kracht es. Ausgerechnet am Vorabend der „Nacht der Kerzen“, gewissermaßen ein Energiesparfestival im mittelalterlich-magischen Pedraza, wenn elektrisches Licht weitgehend erlischt und stattdessen mehr als zehntausend Kerzen flackern, trommeln Wassermassen auf den Hauptplatz. Sturzfluten spülen die Gassen des 340-Einwohner-Dorfes im Turbogang. Starkregen, Hitze und Trockenheit – die Auswirkungen des Klimawandels auf das Wetter zeigen sich auch hier.

Der Regen hat in Pedraza keine größeren Schäden angerichtet, es blieb beim Donnerwetter. Die Burgruine, die ein Caspar David Friedrich skizziert haben könnte, darf am folgenden Abend wieder einmal erbeben beim alljährlichen Freiluft-Kerzen-Konzert „Concierto de las Velas“. Im altkastilisch-charakteristischen Pedraza vermählen sich an diesem Wochenende zwei Erzfeinde fein orchestriert: Feuer und Wasser.