Die bundesweit beachtete Dauerausstellung „Auf der Spur europäischer Zwangsarbeit. Südniedersachsen 1939-1945“ in Göttingen steht nach Angaben der Organisatoren kurz vor dem Aus. Die Finanzierung der Stelle eines Bildungsreferenten oder einer Referentin sei ab Anfang 2025 nicht mehr gesichert, teilte die Geschichtswerkstatt Göttingen mit. Die Einrichtung kämpft nun dafür, dass die Stelle erhalten bleibt.
Seit 2020 wurde die Stelle von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten finanziert. Zuschüsse kamen auch von der Klosterkammer Hannover. Diese Mittel waren als „Anschubfinanzierung“ gedacht und stehen nur noch bis Ende 2024 zur Verfügung.
Die Stiftung hat sich aber bereit erklärt, die Ausstellung weiter zu unterstützen, sofern sich die Stadt und der Landkreis Göttingen mit jeweils 25 Prozent an den Personalkosten beteiligen. Im Haushaltsentwurf der Stadtverwaltung für 2025 sind jedoch bislang keine Gelder dafür vorgesehen. Im Landkreis gibt es noch gar keine Vorlage für den Haushalt.
Die Geschichtswerkstatt hat eine Petition an beide Kommunen gestartet, die bis zum Dienstag rund 1.200 Menschen unterzeichnet haben. Die Stelle habe für eine Professionalisierung und Verstetigung der Ausstellung und der Führungen gesorgt, heißt es darin. Nun müssten sich die Stadt und der Landkreis Göttingen mit Zuschüssen beteiligen, um die Zukunft der Ausstellung zu sichern.
Die Ausstellung wurde 2010 von den Geschichtswerkstätten in Duderstadt und Göttingen in Kooperation mit internationalen Projektpartnern erstellt. Studierende der Hochschule Hannover hatten das Design und die multimediale Präsentation erarbeitet. Die Dauerausstellung kann auch online besucht werden. Ein virtueller Rundgang ist in deutscher und polnischer sowie teilweise auch in niederländischer und italienischer Sprache möglich.
Insgesamt mussten während des Zweiten Weltkriegs in Göttingen und Umgebung bis zu 60.000 Menschen Zwangsarbeit leisten. Sie wurden unter anderem in Gaststätten, in der Landwirtschaft, bei der Müllabfuhr, in kirchlichen Einrichtungen sowie in Privathaushalten eingesetzt. In der Göttinger Universitätsklinik waren Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in der Krankenpflege, in der Wäscherei, als Küchenhilfe und als Reinigungskräfte beschäftigt. Außerdem wurden etwa 50 junge Polinnen und Russinnen als sogenannte Hausschwangere benutzt, an denen die Medizinstudenten vaginale Untersuchungen übten.