Es war, wie es hieß, ein „historisches“ Vorrunden-Aus, das die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in Russland jetzt hingelegt hat. Im erfreulichen Sinn „historisch“ war der deutsche Sieg bei der Fußball-Weltmeisterschaft in der Schweiz im Jahr 1954. Ein Spieler, der damals dabei war, ist Horst Eckel. Er gehörte jener deutschen Nationalmannschaft an, die beim „Wunder von Bern“ das Finale gegen Ungarn gewann. Im Interview mit Norbert Demuth erzählt der 86-Jährige, was sein persönliches Wunder war, welchen seiner alten Fußball-Kameraden er gerne wiedersehen würde und was der christliche Glaube für sein Leben bedeutet. Der im pfälzischen Vogelbach beheimatete frühere Flügelspieler der Nationalelf zeigt Verständnis für die jungen Fußballer heute, die es viel schwerer haben, in der Medienwelt zu bestehen.
Herr Eckel, immer wieder ist die Rede vom „Wunder von Bern“. War das nun ein Wunder oder nur harte fußballerische Arbeit?
Eher Letzteres. Wenn es überhaupt ein Wunder war, dann das von Sepp Herberger. Ich glaube an Gott, aber ich glaube auch daran, dass man seinen eigenen Weg im Leben finden muss und dafür eben manchmal hart arbeiten muss. Und ab und zu hilft auch der liebe Gott.
Gibt es einen „Fußballgott“ oder nicht?
Ich glaube, dass Gott überall zu finden ist, also warum nicht auch im Fußball?
Von Wundern ist sonst eigentlich nur in der Bibel die Rede. Glauben Sie an Wunder und ist Ihnen schon mal eines passiert?
Ich habe die Frau geheiratet, die ich liebe, das ist für mich ein „Wunder“. Dieses Wunder hält nun schon 60 Jahre an und schenkte uns zwei tolle Töchter.
Im Fußball hilft der Glaube an den Sieg. Hilft der Glaube an Gott im täglichen Leben? Und bei welcher Situation im Leben hat der christliche Glaube Ihnen am meisten geholfen?
Ich denke, der Glaube an Gott ist sehr wichtig, egal ob im Sport oder im alltäglichen Leben. Man sollte sich jedoch nicht darauf ausruhen, sondern selbst aktiv werden. Darum bin ich auch oft für gute Zwecke unterwegs und habe dabei schon das eine oder andere Mal kleine Wunder erlebt. So zum Beispiel im Blinden- oder Amputierten-Fußball.
Sie sind evangelisch. Streiten sich die evangelische Kirche und die katholische Kirche zu sehr um Kleinigkeiten, statt den großen Wurf – die Einheit – zu wagen? In der Fußballersprache gefragt: Vertändeln die Kirchen den Ball, statt endlich das entscheidende Tor zu schießen?
Ja!
Manche Fußballspieler bekreuzigen sich heute öffentlich nach einem Tor, andere – muslimische – Spieler beten mit erhobenen Händen vor dem Spiel. Was halten Sie davon und wäre Ihnen das je in den Sinn gekommen?
Für mich geht das völlig in Ordnung. Ich finde es schön und wichtig, wenn Menschen zu ihrem Glauben stehen.
Millionengehälter, Fußballer als eine Art Handelsware, Korruption in der Fifa: Gibt es heute noch Moral und Anstand im Fußball? Verdirbt das Geld den Fußball und raubt ihm seine Seele?
Die Zeiten haben sich geändert und damit auch die Einstellung zum Fußball. Ein Urteil darüber möchte ich mir eigentlich nicht erlauben. Ich kann nur sagen, wie es für uns früher war: Wir wollten Fußball spielen! Für die jungen Spieler ist es heute viel schwieriger, in der Medienwelt zu bestehen als für uns damals. Lasst die jungen Leute sich in Ruhe entwickeln, dann werden sie auch zu guten Vorbildern.
Sie unterstützen die Initiative „Respekt! Kein Platz für Rassismus“. Gibt es heute in der Gesellschaft und im Fußball mehr Rassismus als früher?
Geht man durch die Geschichtsbücher oder durch die Bibel, so gab es schon immer eine Form von Rassismus. Wenn die Menschen lernen, das, was sie nicht verstehen oder was ihnen fremd ist, trotzdem zu respektieren und zu achten, wären wir ein großes Stück weiter. Manchmal hilft es, nur die Hand zu reichen. Und Fußball beziehungsweise Sport kann Vorurteile aus der Welt schaffen und Menschen miteinander verbinden.