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Gib, was dein Herz dir sagt

Paulus und die Bauernlogik. Gedanken zum Predigttext zum Erntedankfest. Von Irmgard Schwaetzer, Präses der EKD-Synode und Landessynodale der EKBO.

Predigttext am Erntedankfest: 2. Korinther 9,6–15 6 Oder haben allein ich und Barnabas nicht das Recht, nicht zu arbeiten? 8 Rede ich das nach menschlichem Gutdünken? Sagt das nicht auch das Gesetz? 9 Denn im Gesetz des Mose steht geschrieben (5. Mose 25,4): „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden.“ Sorgt sich Gott etwa um die Ochsen? 10 Oder redet er nicht überall um unsertwillen? Ja, um unsertwillen ist es geschrieben: Wer pflügt, soll auf Hoffnung pflügen; und wer drischt, soll in der Hoffnung dreschen, dass er seinen Teil empfangen wird. 11 Wenn wir euch zugut Geistliches säen, ist es dann zu viel, wenn wir Leibliches von euch ernten? 12 Wenn andere dieses Recht an euch haben, warum nicht viel mehr wir? Aber wir haben von diesem Recht nicht Gebrauch gemacht, sondern wir ertragen alles, damit wir nicht dem Evangelium von Christus ein Hindernis bereiten. 13 Wisst ihr nicht, dass, die im Tempel dienen, vom Tempel leben, und die am Altar dienen, vom Altar ihren Anteil bekommen? 14 So hat auch der Herr befohlen, dass, die das Evangelium verkündigen, sich vom Evangelium nähren sollen. (Auszug)

Von Irmgard Schwaetzer

4Fundraising am Erntedankfest!? Im Bibeltext für den Erntedanksonntag aus dem 2. Korintherbrief geht es auch um Säen und Ernten, natürlich. Vor allem aber geht es um Geld. Paulus wirbt bei der Gemeinde in Korinth um Spenden für die Gemeinde in Jerusalem. Die Menschen in der Gemeinde sollen das, was sie haben, mit denen teilen, die es nötig haben – vor Ort, aber eben auch mit Gemeinden anderswo. Aber wie viel soll man geben? Was ist kärglich, was ist reichlich? Geld hat hier keinen Wert an sich. Es bekommt seinen Wert dadurch, dass es als Mittel der Solidarität eingesetzt wird. Damit ist die Kollekte so etwas wie die Antwort des Menschen auf Gottes Zuwendung. Sie hat mindestens dreifachen Sinn: Sie hilft, die materielle Not zu mildern. Sie trägt auf ihre Weise dazu bei, dass Menschen Gott danken (nämlich diejenigen, die die Gaben empfangen). Und sie fördert die Einheit der Kirche, weil sie Gemeinschaft stiftet zwischen denen, die geben, und denen, die empfangen – und weil sie bewirkt, dass beide füreinander beten. Was ist kärglich, was ist reichlich? Was dein Herz dir sagt, spricht uns Paulus zu. Wenn der Mensch mit seiner Spende auf das antwortet, was er von Gott empfangen hat, dann gibt er reichlich. Paulus greift dabei auf eine alte Bauernlogik zurück. So wie die Saat ist, wird auch die Ernte werden. Wörtlich: „Wer auf Grund von Segensgaben sät, wird auf Grund von Segensgaben ernten.“ Gott gibt so reichlich, dass er großzügig sein lässt.

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