Fast die Hälfte des Personals in Arztpraxen berichtet in einer Umfrage von Gewalterfahrungen im vergangenen Jahr. Dagegen will die Ärzteschaft vorgehen und bietet den zuständigen Bundesministerien Zusammenarbeit an.
Fast die Hälfte der Beschäftigten in Arztpraxen ist laut einer Umfrage bereits Gewalt durch Patientinnen und Patienten ausgesetzt gewesen. Wie aus einer Online-Befragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die dem “Spiegel” (Samstag) vorliegt, hervorgeht, gaben 43 Prozent der Ärztinnen und Ärzte sowie medizinischen Fachangestellten an, im vergangenen Jahr ein oder mehrmals während der Arbeit “physisch angegriffen oder bedroht” worden zu sein. Die Vertreterversammlung der Ärzteschaft dringt deswegen auf eine Verschärfung des Strafrechts gegen Gewalt in medizinischen Einrichtungen.
Wie es in der Umfrage weiter heißt, nahm die Zahl der Angriffe hat nach Einschätzung von 48 Prozent der Befragten in den vergangenen fünf Jahren zu. Ein Viertel derer, die angegriffen wurden, habe zudem weitere Schritte ergriffen: Anruf bei der Polizei, Erstatten einer Anzeige. 80 Prozent berichteten zudem von verbalen Attacken wie Beleidigungen gegen sie im vergangenen Jahr.
Die Kassenärztlichen Bundesvereinigung führte den Angaben zufolge die Online-Befragung zu “Gewalt in Praxen” vom 18. August bis zum 2. September durch. Insgesamt beteiligten sich in diesem Zeitraum mehr als 7.500 Ärztinnen, Ärzte, Psychotherapeutinnen und -therapeuten sowie Medizinische Fachangestellte und weiteres Praxispersonal.
Zahlreiche Ärzte, Psychotherapeuten und Praxismitarbeitenden berichten, dass der Beruf keine Freude mehr macht und es noch schwieriger wird, gutes Personal zu halten oder zu gewinnen, so die Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Der Verband warnt davor, dass die Angriffe nicht nur eine Gefahr für das betroffene Personal darstellten, sondern auch das Vertrauen in das Gesundheitssystem untergruben.
Die Vertreterversammlung der Ärzteschaft sprach sich daher am Freitag für die vom Bundesjustizministerium eingebrachte Verschärfung des Strafrechts für Angriffe gegen Rettungsdienste und Sicherheitsbeamte aus. Gleichzeitig bot sie Bundesjustiz und -gesundheitsministerium ihre Zusammenarbeit an, “um sicherzustellen, dass spezifische Bedürfnisse des medizinischen Personals berücksichtigt werden und Maßnahmen in der Praxis wirksam umgesetzt werden können”. Betroffene müssten nach Gewaltvorfällen umfassende Unterstützung erhalten. “Dies umfasst psychologische Betreuung, rechtliche Beratung und den notwendigen Schutz vor weiteren Übergriffen.”