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Getaufte schützen

In Soest soll ein getaufter Flüchtling abgeschoben werden. Der Kirchenkreis fordert Bleiberecht und kritisiert die Behörden

SOEST – Ein in Soest getaufter Iraner, der  nach dem Willen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den Iran abgeschoben werden soll, hat inzwischen bundesweit für Schlagzeilen und eine Debatte im Deutschen Bundestag gesorgt. „Wir müssen“, so der Soester Superintendent Dieter Tometten, „bei solchen Fällen alle Register ziehen, um diese Menschen zu schützen“.
Dass das BAMF die Glaubensgründe der vom Islam zum Christentum konvertierten Menschen anzweifele, sei nicht hinnehmbar. „Die Prüfung und Beurteilung des Glaubens durch weltliche Behörden zum Zwecke der Abschiebung ist in höchstem Maße fragwürdig“, so der Superintendent. „In meinen Augen ist das eine klare Grenzüberschreitung.  Es steht dem Staat ganz einfach nicht zu, die Ernsthaftigkeit des Glaubensbekenntnisses infrage zu stellen.“
Der Fall aus Soest ist kein Einzelfall. Bundesweit haben sich vermutlich einige Tausend Iraner sowie auch Afghanen, Iraker oder Syrer taufen lassen. Allein im Kirchenkreis Soest sind es inzwischen weit über hundert.
Pfarrer Christian Welck von der St. Petri-Pauli-Gemeinde in Soest hat im vergangenen Jahr 65 Asylsuchende getauft. Er sieht die gesamte Kirche in dieser Beziehung in einer besonderen Verantwortung: „Wir sind als Kirche berufen, die Entscheidung, dass jemand Christ werden möchte, zu begleiten – ohne Wenn und Aber.“ Dass diese Menschen es mit dem Glauben ernst meinen, würden sie in der Regel durch ihre aktive Teilnahme am Gemeindeleben beweisen.
Für Pfarrer Stefan Weyer, der den Flüchtling in Soest getauft hat und in engem Kontakt zu ihm steht, sind die jüngsten Entscheidungen des BAMF auch vor dem Hintergrund des Wahlkampfes für die Landtags- und Bundestagswahl zu sehen: „Die Parteien sind angetreten zu zeigen, dass sie die so genannte Flüchtlingsproblematik lösen werden.“ „Wir dürfen nicht einfach stillhalten und sehen, was passiert. Hier ist vielmehr die Solidarität der Kirche als Ganzes gefragt“, fordert Weyer.
Längst ist der „Fall Soest“ auch in Berlin angekommen. Mit  einer offiziellen Anfrage im Deutschen Bundestag hat der Abgeordnete Volker Beck (Bündnis 90/Grüne) Mitte März eine Debatte ausgelöst. In der Diskussion wird Beck laut Protokoll wie folgt zitiert: „Mir sind zwei Fälle aus dem Kirchensprengel Soest bekannt, die nach ihrer Taufe in der evangelischen Kirche – das ist nicht irgendein obskurer Klub – Abschiebungen bekommen haben.“
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium des Innern, Günter Krings, hatte in seiner Stellungnahme betont, dass die Taufe für das BAMF bei der Bewertung der Asylgründe einen hohen Stellenwert habe: „Ist der Antragsteller getauft worden, hat die Kirche zuvor bereits die Ernsthaftigkeit des Glaubensübertritts geprüft. (…) Es ist richtig, dass die Taufe natürlich ein sehr starker Hinweis darauf ist, dass asylrechtlich entsprechend verfahren werden muss.“
Inzwischen hat der Soester Kreissynodalvorstand auch die Präses und die Kirchenleitung aufgefordert, sich mit der Abschiebung getaufter Muslime zu beschäftigen: „Die Abschiebung in Länder, in denen der Übertritt zum Christentum beziehungsweise aktive christliche Frömmigkeit zu lebensbedrohlicher Verfolgung oder zum Tod führt, sollte mit klarem kirchlichen Widerstand rechnen.“