Beim Gedenkgottesdienst zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau hat Bischof Michael Gerber (Fulda) mahnende Parallelen zu heute gezogen. Das NS-Regime habe im Frühjahr 1933 – zu der Zeit, als das KZ Dachau entstand – in ungeheurer Geschwindigkeit die bestehende Rechtsordnung ausgehebelt und sich selbst über das Gesetz gestellt, sagte der stellvertretende Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz am Samstag laut Redemanuskript in der KZ-Gedenkstätte. Dies sei der Anfang einer grauenvollen Entwicklung gewesen. Diese müsse heute nachdenklich stimmen „angesichts dessen, was wir in einigen Teilen dieser Welt erleben müssen“.
Gerber appellierte zudem an die eigene Verantwortung. „Wir dürfen beim Gedenken und in der Erinnerung der dunklen Seite unserer Geschichte nicht ausweichen, sondern müssen uns dieser Realität stellen.“ Die Auseinandersetzung mit der Geschichte sei schmerzhaft, zugleich aber Voraussetzung dafür, Zukunft gestalten zu können. Auch die Alliierten hätten schmerzlich gelernt, „dass Wegschauen angesichts des skrupellosen Gebarens von Diktatoren fatale Folgen haben kann“. Der Einsatz, vor allem der USA und Kanadas, habe ermöglicht, dass der Westen Europa seine Freiheit wiedergewonnen habe. Aus eigener Kraft hätte Westeuropa das nicht geschafft.
Die Forderung „Nie wieder“ ist für Bischof Gerber heute – „angesichts des Gebarens diverser Potentaten, angesichts relativierender Äußerungen über das NS-Grauen auch hierzulande“ – wichtiger denn je. „Als Christinnen und Christen hören wir die Schreie derer, die heute im Osten Europas und in anderen Gegenden der Welt Furchtbares erleiden.“ Zum Gedenkgottesdienst in der Todesangst-Christi-Kapelle auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau wurden rund 1.400 Pilger aus Polen und den polnischsprachigen Gemeinden in Deutschland erwartet. Mit mehr als 40.000 Inhaftierten, davon 1.800 Priestern, waren Polen die größte nationale Gruppe von KZ-Häftlingen.
Veranstaltet wurde das Gedenken vom Erzbistum München und Freising, der Deutschen Bischofskonferenz und der Polnischen Bischofskonferenz. Die Haft- und Terrorstätte in Dachau war eines der ersten Konzentrationslager und bestand über die gesamte Zeit der NS-Herrschaft. Mehr als 200.000 Gefangene aus über 40 Nationen waren im KZ Dachau und seinen Außenlagern inhaftiert, mindestens 41.500 Menschen starben dort. Am 29. April 1945 wurde das KZ Dachau von der US-Armee befreit. Im Mai 1965 eröffnete die KZ-Gedenkstätte Dachau. Heute wird der Ort jährlich von rund einer Million Menschen aus aller Welt besucht, darunter viele Schulklassen. (1410/26.04.2025)