Diese farbexplosiven Grafiken zur Bibel stellen alles Bekannte in den Schatten: Salvador Dalí (1904-1989) hat mit seiner „Biblia Sacra“ ein Jahrhundertwerk geschaffen. Diese bedeutende Illustration des 20. Jahrhunderts zum Alten und Neuen Testament ist gegenwärtig in einer Ausstellung im Diözesanmuseum Bamberg zu bewundern.
Die Sonderschau zeigt, dass „kirchliche Kunst nicht nur etwas von gestern ist, verstaubt und rückwärtsgewandt, sondern zeitgemäß und modern“, sagte Domkapitular Norbert Jung bei einem ersten Rundgang durch die Ausstellung mit Pressevertretern. Bis zum 18. November sind dort insgesamt 115 Farblithographien – darunter 105 Bibelgrafiken – des exzentrischen Katalanen ausgestellt.
Die surrealistische Kunst von Dalí sei „bestens geeignet, die Bibel neu zu interpretieren“, fügte der Leiter der Hauptabteilung Kunst und Kultur im Erzbischöflichen Ordinariat hinzu. Zumal sich die Bibel etwa mit ihren Traumerzählungen ja auch nicht „klar fotografieren lässt“, wie Jung anmerkt.
Dalís surrealistische Kunst interpretiert die Bibel neu
Dass das Diözesanmuseum diesen Schatz im sechsstelligen Versicherungsbereich überhaupt zeigen kann, ist dem Bamberger Kunsthändler Richard H. Mayer zu verdanken. Mayer kannte den Katalanen Dalí persönlich und nutzte die freundschaftlichen Kontakte für seine stattliche Sammlung. Dazu gehört eben diese vollständige „Biblia Sacra“-Suite: einzigartige 105 Farbgrafiken, die nur in dieser kompletten Folge Blatt für Blatt vom Künstler handsigniert sind.
Dabei stellt diese Suite eine einmalige Kombination von Farbmischtechnik-Lithographien nach Aquarellen von Dalí dar, deren Originaltreue durch die besondere Drucktechnik erhalten geblieben ist. Die Folge der unbeschnittenen Bögen diente als Beleg für die Kontrolle und Druckfreigabe für den Künstler. Durch den Erhalt aller vier Blattränder mit den Markierungen zum späteren Beschneiden der Bögen konnten die jeweils auf dem rechten Rand befindlichen spezifischen Farbskalen konserviert werden. Die Entstehungszeit dieser einmaligen Werke des K+ünstlers liegt in den Jahren 1963 bis 1965.
Museumschef Holger Kempkens zeigte sich erfreut darüber, dass sein Bamberger Haus diese „welt-weit einzigartige Ausstellung“ zeigen kann. Ein Unikat ist diese Schau auch deshalb, weil sie ein weiteres Schlaglicht auf Dalís Schöpferkraft wirft: Ergänzend zur „Biblia Sacra“-Suite gibt es Dalís Illustrationen zu „Sigmund Freud: Moise et le Monotheisme“ zu bewundern, bestehend aus zehn Original-Farbradierungen über Farblithographien, gedruckt auf Lammleder, einem Holzschnitt sowie der zugehörigen Kassette mit einer aus Silber geprägten Darstellung des Moses von Michelangelo. „Freud hatte als Vater der Psychoanalyse und Traumdeuter einen großen Einfluss auf die Surrealisten“, sagte Kempkens.
Dalís Markenzeichen: lange Beine, zerfließende Tränen
Dalís Markenzeichen wie lange Beine, zerfließende Tränen tauchen gleich auf mehreren seiner Illustrationen auf. Gleichwohl verkünden gerade seine biblischen Bilder eine bodenständige Frömmigkeit, die ihren eigenen künstlerischen Ausdruck findet.
Ein Grund mehr für das Diözesanmuseum, das mit dieser Ausstellung einen passenden Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr leistet. Schließlich „ist die Bibel die Grundlage der europäischen Kultur“, erklärte Domkapitular Jung.
Weitere Informationen: Diözesanmuseum Bamberg, Telefon (09 51) 5 02-25 02/25 15, E-Mail: dioezesanmuseum@erzbistum-bamberg.de, Internet: www.dioezesanmuseum-bamberg.de.