Die Abtei Heiligenkreuz in Österreich boomt. Viele junge Männer wollen dort als Zisterzienser leben. Doch nun gibt es Vorwürfe – bis hin zum Verdacht auf Missbrauch. Ein Abt und eine Ordensfrau untersuchen das.
Der Vatikan hat offenbar den Abtprimas der Benediktiner, Jeremias Schröder, sowie die Ordensfrau Christine Rod von den Missionarinnen Christi beauftragt, die Zustände in der Abtei Heiligenkreuz in Österreich zu überprüfen. Das geht aus einem mutmaßlich von der zuständigen vatikanischen Behörde verfassten Schreiben hervor, das seit Montagabend in Sozialen Netzwerken kursiert. Das auf Deutsch verfasste Schreiben, mit dem eine sogenannte Apostolische Visitation angeordnet wird, ist demnach bereits vom 5. Juni.
In dem Dekret heißt es: “Die Visitatoren sind beauftragt, den Leitungsstil der Abtei in ihrer Gesamtheit sowie das persönliche Führungsverhalten des Abtes eingehend zu prüfen.” Ein weiterer Schwerpunkt liege “auf der Frage, wie mit Vorwürfen von Missbrauch und anderen schwerwiegenden Verfehlungen verfahren wird”. Im Begleitschreiben heißt es weiter, nach der Visitation und dem Bericht solle die Abtei darin unterstützt werden, “einen eigenen inneren Erneuerungsweg zu beginnen”.
Dass der Vatikan den hochrangigen Abt eines anderen Ordens mit der Visitation in einer fremden Abtei beauftragt, ist nicht unüblich. Ungewöhnlich ist jedoch, dass eine Ordensfrau als “Ko-Visitatorin” zur Begutachtung der Lage in einem Männerkloster herangezogen wird. Der Auftrag an Schwester Rod hängt mutmaßlich damit zusammen, dass die Ordensfrau derzeit als Generalsekretärin der österreichischen Ordenskonferenz amtiert.
Unterzeichnet ist das Dekret zur Visitation vom Pro-Präfekten, Kardinal Ángel Fernández Artime, sowie dem Untersekretär der Behörde, Aitor Jiménez Echave. Dass der Pro-Präfekt und nicht die Präfektin, also die Leiterin, unterzeichnet hat, dürfte mit einer besonderen Konstellation zu tun haben. Sie besteht darin, dass nach bisheriger kirchlicher Praxis ein Abt – der kirchenrechtlich in etwa auf einer Stufe mit einem Bischof steht – nur von einem mindestens gleichrangigen Kleriker Anweisungen entgegennimmt. Da die Präfektin der Ordensbehörde, Schwester Simona Brambilla, diese Voraussetzung nicht erfüllt, hat offenbar Kardinal Artime das Dekret unterschrieben.