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Geheimnisvolles Land

Erlebt und erzählt UK-Leser Werner Sadowski, Pfarrer im Ruhestand, hat Albanien bereist

Wo fängt man an, wo hört man auf, wenn man von Albanien erzählt?
Geheimnisvoll sind die Anfänge, als um 600 vor Christus die indogermanischen Illyrer das Land besiedelten. Der Apostel Paulus soll im heutigen Durres, im römischen Reich Dyrrachium genannt, gepredigt haben. Tatsächlich entwickelt sich der christliche Glaube. Künstlerisch wertvolle Kirchen bezeugen dies.
Die islamische Eroberung begann mit der berühmten Schlacht auf dem Amselfeld am 2. 8. 1389. Fortan regierten die Osmanen. Drastische Steuererhöhungen ließen die Christen verarmen. Dabei hatte die orthodoxe Kirche relativen Freiraum, während die Katholiken verfolgt wurden. Der Druck durch die Osmanen ließ viele Albaner auswandern.
1912 erklärt sich Albanien in Vlore unabhängig. Schwierige Zeiten der Staatenbildung stehen bevor. Durch den Ersten Weltkrieg bedingt, gerät Albanien erneut in die Zange Machtgelüste liebender Staaten, bis es 1920  endlich in die Gemeinschaft des Völkerbundes aufgenommen wird.
Die leidvolle Besatzungszeit der Italiener und Deutschen und deren Untergang ermöglichte die Etablierung des Kommunismus. Jedoch ist eine bemerkenswerte Episode erwähnenswert: In einer Zeit, in der kein europäisches Land bereit war, Juden aufzunehmen, haben Albaner flüchtende Juden aufgenommen und niemanden an Nazis ausgeliefert.
Mit der Machtübernahme der Kommunisten durch Enver Hoxha wird das Land atheistisch. Die Unterdrückung des Glaubens und der Religion ist hier am radikalsten durchgeführt worden. Als Folge dieses atheistischen Bestrebens wurden Kirchen und Moscheen unwiederbringlich zerstört. Von 440 Priestern blieben 22 übrig, alt und gebrechlich.
Wie erlebt man ein nach-atheistisches Land heute? Es ist nicht übertrieben, wenn behauptet wird, Albanien sei der Geheimtipp für Urlauber der Mittelmeerregionen.
Der Reisende ist begeistert von den langen, flachen Sandstränden mit Hotels europäischen Standards. Die Berge sind von einer eigenartigen, einmaligen Schönheit. Der Nationalpark Llogora lädt zum Klettern ein und ermöglicht Blicke in die albanische Riviera mit dem ionischen Meer. Naturliebhaber kommen immer wieder auf ihre Kosten
Überall holt die Vergangenheit den Besucher ein. Apollonia, die Stadt des römischen Kaisers Augustus oder Butrint sind erhaltene Beispiele römischer Baukunst. Trotz des atheistischen Wütens findet der suchende Tourist Zeugnisse der christlichen Vergangenheit. Bevor ehrwürdige Klöster und Kirchen völlig zerfallen, versucht man, sie zu retten und zu renovieren. Wer das Kloster St. Nikolaus in Mesopotami betritt, staunt, dass Fresken sich teilweise so lange erhalten konnten.
Dass Glaube nicht völlig vernichtet werden kann, bezeugt das Onufri Museum. Auf Privatinitiative hat man die Ikonen gesammelt und versteckt. So strahlen sie heute wieder in verschiedenen Orten und bezeugen den byzantinischen Glauben.